Bei der Supernova-Explosion eines massiven Sterns kann ein Neutronenstern entstehen, der aus der dichtesten beobachtbaren Materie im Universum besteht. Wenn in einem Doppelsternsystem zwei Neutronensterne kollidieren und verschmelzen, lassen sich Gravitationswellen und elektromagnetische Strahlung nachweisen. Diese ermöglichen es zusammen mit anderen Neutronensternbeobachtungen, die nukleare Zustandsgleichung und damit die Physik der starken Wechselwirkung in einem interdisziplinären Forschungsansatz zu untersuchen.
Als vor 130 Millionen Jahren in der Kreidezeit die Dinosaurier auf der Erde herrschten und die heutigen Kontinente allmählich auseinanderdrifteten, ereignete sich in der fernen Galaxie NGC 4993 ein faszinierendes Naturschauspiel: Zwei Neutronensterne verschmolzen miteinander. Neutronensterne wurden 1967 von Jocelyn Bell Burnell entdeckt. Als Endstadium des Lebenszyklus von Sternen mit einer Masse zwischen 8 und 25 Sonnenmassen (M⊙) entstehen sie in gewaltigen Supernova-Explosionen [1] – leichtere Sterne enden als Weiße Zwerge, schwerere kollabieren zu Schwarzen Löchern. Typische Neutronensterne haben eine Masse von 1,4 M⊙, komprimiert in einem kompakten Objekt mit einem Radius von etwa zwölf Kilometern. Daraus ergibt sich eine mittlere Dichte in der Größenordnung der Kernsaturierungsdichte von 2,7 · 1014 g/cm3: Dichter lassen sich Neutronen und Protonen in Atomkernen nicht zusammenpacken. Aufgrund der Gravitation können im Zentrum von Neutronensternen sogar Werte von 1015 g/cm3 auftreten. In Neutronensternen ist aber nicht nur die Materie unglaublich dicht gepackt. Sie weisen die stärksten bekannten Magnetfelder auf, rotieren mit Frequenzen von bis zu 1 kHz, und ihre Kruste stellt das härteste Material im Universum dar [2]. In vielerlei Hinsicht liegt dort die extremste Form von Materie vor, die sich direkt beobachten lässt.
Aus der hohen Dichte resultieren extreme Gravitationsfelder, welche die Newtonsche Gravitationstheorie nicht mehr beschreiben kann: In Neutronensternen gelten die Gesetze der Allgemeinen Relativitätstheorie. Um die Eigenschaften von Neutronensternen zu berechnen, ist es notwendig, die Gleichungen von Richard C. Tolman, J. Robert Oppenheimer und George M. Volkoff (TOV-Gleichungen) zu lösen. Als einziger Input dient die Zustandsgleichung (Infokasten): Sie beschreibt, wie sich der Druck P(є,T ) der Materie als Funktion von Energiedichte є und Temperatur T verhält. Die Lösung der gekoppelten TOV-Differentialgleichungen ergibt den Druck- und Dichteverlauf im Neutronenstern und so den Radius als Funktion der Masse, die Masse-Radius-Beziehung. (...)