16.11.2011

Das ist der HIT!

In zwei Jahren wurden am Heidelberger Ionenstrahl-Therapiezentrum (HIT) bereits 600 Tumorpatienten behandelt.

Nach langwierigen Vorbereitungen und Verzögerungen beim Start kann das Heidelberger Ionenstrahl-Therapiezentrum (HIT) nun auf eine zweijährige Erfolgsgeschichte zurückblicken. Seit dem 15. November 2009 konnten sich 600 Tumorpatienten einer Strahlentherapie am HIT unterziehen.

Gegenüber Röntgen- und Gammastrahlen bieten Schwerionen bei der Bestrahlung den einzigartigen Vorteil, dass sie erst am Ende ihrer Reichweite, am sog. Bragg-Peak, den Großteil ihrer Energie an das umliegende Gewebe abgeben und das gesunde Gewebe somit weitgehend verschonen. Da sich mit dieser Technik Tumore gezielt bestrahlen lassen, eignet sie sich vor allem für solche, die dicht neben lebenswichtigen Organen sitzen, wie z. B. Hirntumore. Je nach Geschwindigkeit dringen die Protonen oder Schwerionen bis zu 30 Zentimeter in den Körper ein und erreichen somit auch tief liegende Tumore. Weltweit einzigartig ist in Heidelberg die sog. Gantry – eine drei Stockwerke hohe Konstruktion, die 600 Tonnen wiegt und es mit riesigen Magneten erlaubt, den Ionenstrahl mit einer Genauigkeit von einem halben Millimeter unter beliebigen Winkeln auf das Ziel zu lenken.

In den letzten zwei Jahren konnten nicht nur 600 Patienten von der innovativen Technik am HIT profitieren, sondern die Wissenschaftler und Ärzte am HIT haben auch Studien begonnen, um die Wirksamkeit der Ionenstrahltherapie bei Prostata- oder Lungenkrebs zu überprüfen. Darüber hinaus laufen zahlreiche Forschungsprojekte, die sich mit der Wechselwirkung der Protonen- und Schwerionenbestrahlung auf unterschiedliche Zellen und Gewebe befassen. „Unsere Bilanz nach zwei Jahren ist positiv“, resümiert denn auch Jürgen Debus, ärztlicher Direktor der Heidelberger Universitätsklinik für Radioonkologie und Strahlentherapie und des HIT. „Wir konnten immer mehr Patienten mit seltenen Tumoren behandeln, die von der Behandlung besonders profitieren.“

Abb.: Dank beweglicher Gantry und Patientenliege kann der Strahl auf diesem Bestrahlungsplatz aus jedem Winkel auf den Patienten treffen (Bild: Universitätsklinikum Heidelberg)


Auch in puncto Präzision hat das HIT weltweit die Nase vorn: Dank eines intensitätsmodulierten Rasterscan-Verfahrens „ummanteln“ maßgeschneiderte Strahlenbündel den Tumor und bestrahlen sein gesamtes Volumen passgenau. Computergesteuerte Roboter positionieren den Patienten dabei präzise vor der Bestrahlungsquelle. Dank dieser einzigartigen Merkmale war es möglich, auch sich bewegende Organe zu bestrahlen und damit das Spektrum der Ionentherapie weiter auszudehnen.

Neben den wissenschaftlichen und behandlungstechnischen Erfolgen kann das HIT auch mit einem soliden Businessplan aufwarten. Die Baukosten von 119 Millionen Euro haben sich Bund und Universitätsklinik geteilt, die Behandlungen finanzieren nun die Krankenkassen, die ihren Patienten den Zugang zu der innovativen Therapie ermöglichen. Die Kosten für eine Bestrahlung am HIT belaufen sich auf etwa 20000 Euro und sind damit zwar höher als bei der herkömmlichen Bestrahlung. „Verglichen mit anderen medizinischen Verfahren liegen wir aber im unteren Bereich“, erläutert Jürgen Debus. „Bestimmte Medikamente in der Tumortherapie kosten 50000 Euro!“

So konnten alle Beteiligten bei einer Feierstunde am 15. November auf zwei erfolgreiche Jahre zurückblicken. Dies unterstreicht auch die Auszeichnung als „Ausgewählter Ort im Land der Ideen 2011“ im bundesweiten Wettbewerb, der unter Schirmherrschaft des Bundespräsidenten und in Kooperation mit der Deutschen Bank stattfindet. Aus 2600 eingereichten Bewerbungen hat das HIT als „einmalige Anlage zur Behandlung krebskranker Patienten und als Beispiel für eine gelungene Umsetzung wissenschaftlicher Ideen“ die unabhängige Jury überzeugt. „Wir freuen uns sehr über diese Auszeichnung an einem für uns ganz besonderen Tag“, sagte Jürgen Debus.

Maike Pfalz
 

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