11.03.2024

Quantensensoren auf der Suche nach dunkler Materie

Neuer Ansatz für den direkten Nachweis von Dunkle-Materie-Teilchen.

Die Natur eines Großteils der Materie im Universum ist Physikern weiterhin ein Rätsel. Bisherige Versuche, dunkle Materie zu detektieren, scheiterten. Nun zeigen Darmstädter Physiker, wie es mit Quanten­sensoren doch gelingen könnte. Die Dunkle-Materie-Teilchen wären zwar überall vorhanden, aber äußerst schwer zu detektieren, da sie nur sehr schwach mit Atomen oder Elektronen wechselwirken. In bisherigen Beobach­tungen macht sie sich nur indirekt durch ihre Schwerkraft bemerkbar. Bisherige Detektoren konnten noch keine dunkle Materie direkt nachweisen. Physiker der Technischen Universität Darmstadt haben nun maßgebliche Beiträge zum Design von neuen Quanten­sensoren geleistet, die dunkle Materie mit Hilfe hochpräziser Messungen detektieren sollen. „Wir stellen uns die Frage, wie man den perfekten Sensor für dunkle Materie baut“, sagt Daniel Derr. Seine Arbeits­gruppe „Theoretische Quantenoptik“ unter der Leitung von Enno Giese arbeitet dazu zusammen mit Kollegen der Universität Ulm.

Abb.: Design eines Experiments mit neuen Quantensensoren, die dunkle Materie...
Abb.: Design eines Experiments mit neuen Quantensensoren, die dunkle Materie detektieren sollen.
Quelle: CC BY 4.0 DEED / Bearbeitung TU Darmstadt

Eines der erstaunlichsten Phänomene der Quantenphysik ist das wellenartige Verhalten von Materie. Denn Atome oder Elektronen können auch Wellenphänomene zeigen. Elektronen etwa, die man durch einen Spalt sendet, bilden dahinter ähnliche Streifenmuster wie es Lichtwellen tun. Auch größere Materieobjekte können diese Interferenz­streifen bilden. Dazu gehören etwa Wolken aus Zehntausenden von Atomen, die sich zu einer Art Superatom verbinden. Da das Superatom relativ schwer ist, hat es eine sehr kurze Materie­wellenlänge. Das bedeutet, dass die Interferenz­streifen solcher Superatome sehr empfindlich auf Kräfte und Beschleunigungen reagieren. Schon die relativ schwache Gravitation kann das Muster der Streifen verändern. Dieser Effekt ermöglicht hochempfindliche Gravitations­sensoren, die zur Navigation oder zum Aufspüren von Bodenschätzen genutzt werden können.

Neben der Schwerkraft könnten solche Inter­ferometer auch eine mögliche Wechselwirkung mit dunkler Materie nachweisen. Die Physiker diskutieren mehrere Modelle der dunklen Materie. „Ein vielver­sprechender Kandidat, die ultraleichte dunkle Materie, würde mit den Elektronen und den Quarks in den Atomkernen wechsel­wirken“, erklärt Derr. Damit würde diese rätselhafte Materieform die Energiestruktur des Superatoms beeinflussen und sich indirekt auf das Interferenz­muster auswirken.

Diese Signatur der dunklen Materie zu isolieren, ist jedoch eine große Herausforderung. Physiker wollen dazu die Interferenz­streifen zweier Superatome vergleichen. Diese müssen räumlich und zeitlich möglichst weit voneinander entfernt erzeugt und zudem mit demselben Laser manipuliert werden. „So kann man lokale Unterschiede in der dunklen Materie sehen und das Rauschen unterdrücken“, erklärt Derr. Geplant sind Quanten­detektoren mit einer Länge von etwa einhundert Metern. „Perspektivisch sollen sie einmal bis zu einem Kilometer groß werden“, sagt Enno Giese.

„Unsere Ergebnisse haben direkten Einfluss auf das Design von Quanten­detektoren für ultraleichte dunkle Materie“, sagt Giese. So gibt es vielver­sprechende Ansätze, wie man den verfügbaren Platz in den Detektoren am besten ausnutzt oder wie man das Atom am geschicktesten manipuliert. Auch die Standort­wahl könnten die Darmstädter Ergebnisse beeinflussen. Das Team will sich nun an internationalen Konsortien beteiligen, die solche Detektoren bauen. „In diesem Gebiet ist gerade viel Schwung“, sagt Derr. Vielleicht wird gerade der Grundstein für eine bahn­brechende Entdeckung gelegt.

TU Darmstadt / JOL

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