18.06.2023

Filmkritik: Asteroid City

Asteroid City (2023), Regie: Wes Anderson, USA, 105 Minuten: Verleih: Universal (Filmstart 15. Juni 2023)

Regie: Wes Anderson

Wes Andersons Filme bestechen durch ihre bis ins kleinste Detail gestalteten Kulissen, die oft eine Augenweide sind und ihre Künstlichkeit nicht verleugnen. Das beschert ihm immer wieder den Vorwurf einer allzu manieristischen Inszenierung ohne inhaltlichen Mehrwert. Gleichzeitig verblüffen seine Filme durch ein erstaunliches Staraufgebot. So auch sein neuer Film, in dem unter anderem Scarlett Johannson, Tom Hanks, Tilda Swinton, Bryan Cranston und Jeff Goldblum mit von der Partie sind.

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Diesmal begibt sich Wes Anderson ins Jahr 1955 und in die fiktive Wüstenstadt Asteroid City. Dort findet die jährliche Endausscheidung der „Junior Stargazer“ statt, eine Art „Jugend forscht“. Die Ideen und Entwicklungen der nerdigen Nachwuchsforschenden stößt auf besonders großes Interesse des US-Militärs, das nicht umsonst zu den Mitorganisatoren des Programms gehört. Parallel entfaltet sich die Geschichte des Witwers Augie Steenbeck (Jason Schwartzman) und seiner vier Kinder. Augie freundet sich mit der Schauspielerin Midge Campbell an (Scarlett Johansson), deren Tochter am Wettbewerb teilnimmt und ein Auge auf Augies Sohn Woodrow geworfen hat.

Bei der Preisverleihung klaut ein Überraschungsgast den Asteroiden, der dem Wüstenkaff seinen Namen gegeben hat, und wirft zudem Amerikas Wissen über den Weltraum über den Haufen. Asteroid City wird zur Sperrzone erklärt, und die kleine Gemeinde mit ihren Gästen ist auf sich allein gestellt.

Spätestens hier stellt sich die Frage, ob das gelungene Filmkunst ist oder nur ein großer Spielplatz für einen detailversessenen Regisseur mit einem Hang zur Puppenhaus-Ästhetik. Ich neige zur Filmkunst, denn Anderson baut mit einer Mühelosigkeit gleich mehrere doppelte Böden in die Handlung ein.

Dazu gehört nicht nur, dass die Schauspielerin eine Schauspielerin spielt, die eine Schauspielerin spielt. Eine Rahmenhandlung durchkreuzt die Filmhandlung und stellt Fragen zur Plausibilität und inneren Logik der Inszenierung, ohne den Fluss der Handlung ins Stocken zu bringen. Die dunkle Seite des Erfindergeistes taucht spielerisch in Form von Raketenrucksäcken und Strahlenwaffen auf oder als äußerst fotogene Atombombentests im Hintergrund.

Im Jahr 1955, in dem sich die Handlung des Film zuträgt, starb Albert Einstein, der sich einerseits für die Entwicklung der Atombombe und andererseits für eine friedliche Welt eingesetzt hatte. Und Senator McCarthy trat von der politischen Bühne ab, die er so unheilvoll mit seiner Kommunistenverfolgung geprägt hatte. Ist das Jahr also der treffende Inbegriff des plakativen, aber letztlich zweischneidigen amerikanischen Fortschrittsglaubens, zwei Jahre vor dem Sputnik-Schock? Wieviel heute steckt in Wes Andersons Asteroid City?

Die Doppelbödigkeit seines Films bietet über die fulminanten Schauwerte hinaus also durchaus Stoff zum Nachdenken. Allerdings vertraut Anderson zu sehr auf seine lakonische Beiläufigkeit und vermeidet es, seinem Publikum auch einmal unbequeme Szenen zuzumuten.

Filmfans werden auf jeden Fall ihre Freude an den vielen Anspielungen haben, nicht nur visuell, sondern auch akustisch. Und ein Film, in dem eine mitternächtliche „Ellipse“ (sic) beobachtet wird und bei dem die Nennung des Namens „William Bragg“ mit der Frage „Vater oder Sohn?“ gekontert wird, ist eigentlich Pflicht für alle Physik-Nerds.

Alexander Pawlak

 

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