02.05.2024

Komplexe Strukturen aus dem Gefrierguss

Günstiger Weg, um hochporöse Materialien mit hierarchischer Architektur zu fertigen.

Gefrierguss­verfahren sind ein kostengünstiger Weg, um hochporöse Materialien mit hierarchischer Architektur, gerichteter Porosität und multi­funktionalen inneren Oberflächen herzustellen. Gefrier­gegossene Materialien eignen sich für viele Anwendungen, von der Medizin bis zur Umwelt- und Energietechnik. Ein Team um Forschende vom Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie skizzierte nun eine Anleitung zu Gefrierguss­verfahren, zeigt einen Überblick, was gefrier­gegossene Werkstoffe heute leisten, und skizziert neue Einsatz­bereiche. Ein besonderer Fokus liegt auf der Analyse dieser Materialien mit Tomoskopie.

Abb.: Die Röntgentomographie zeigt hier die dreidimensionale Struktur, die ein...
Abb.: Die Röntgentomographie zeigt hier die dreidimensionale Struktur, die ein Modellsystem auf Basis einer Zuckerlösung ausgebildet hat.
Quelle: P. Kamm, HZB

Das Team um Materialexpertin Ulrike Wegst stellte neben einem Leitfaden für den Gefrierguss nun Methoden vor, mit denen sich die komplexen Materialarchitekturen und -eigenschaften analysieren lassen. Besondere Möglichkeiten bietet dabei die Röntgen­tomoskopie, mit der sich Kristall­wachstum und Strukturbildung in allen Materialsystemen direkt während des Gefrierens in Echtzeit und dreidimensional beobachten lassen. „Beim Gefrier­gießen von wässrigen Systemen wachsen Kristalle zum Beispiel unterschiedlich schnell in verschiedene Richtungen. Da sind Tomoskopie-Verfahren besonders attraktiv, weil sie es erlauben, das anisotrope Kristall­wachstum quantitativ aufzuzeichnen,“ sagt Francisco García-Moreno.

Vor über vierzig Jahren wurde das Gefrierguss­verfahren für die Herstellung von biologischen Stützstrukturen entwickelt. Bald zeigte sich, dass gefriergegossene Materialien aufgrund ihrer hochporösen Struktur sich gut in Wirtsgewebe integrieren und Heilungs­prozesse unterstützen können. Inzwischen gibt es vielfältigste Anwendungen nicht nur in der Biomedizin, sondern auch im technischen Bereich, von neuartigen Kata­lysatoren bis zu hochporösen Elektroden für Batterien oder Brennstoffzellen. Dafür steht eine große Vielfalt an Lösungsmitteln, gelösten Stoffen und Partikeln zur Verfügung, mit denen sich die gewünschten Strukturen, Formen und Funk­tionalitäten gezielt erzeugen lassen.

Zunächst wird eine Substanz in einem Lösungsmittel gelöst oder aufgeschwemmt. Die Flüssigkeit wird in einer Kühlzelle vom Boden her mit einer definierten Kühlrate abgekühlt, so dass das Lösungsmittel gefriert. Das kristallisierte Lösungsmittel wird dann über ein Sublimations­verfahren entfernt. Übrig bleibt die vormals darin gelöste Substanz, welche nun eine komplexe, hochporöse Architektur bildet. Mit Gefrierguss­verfahren lassen sich gezielt hierarchisch komplexe Material­architekturen erzeugen, die auch die mechanischen, thermischen und viele andere Eigenschaften des Materials bestimmen. Dafür können Größe und Anzahl der Poren, ihre Geometrie und Ausrichtung sowie die Partikel­packung in den Zellwänden und die Oberflächen­merkmale der Zellwände jeweils für die gewünschte Anwendung maßgeschneidert werden.

Nun sind Experimente auf der inter­nationalen Raumstation ISS geplant. Denn dort herrscht Mikrogravitation, so dass Effekte durch Sedimentation und Konvektion beim Gefrierguss deutlich geringer sind. Dadurch erwarten die Experten weitere Fortschritte beim Verständnis von Gefrierguss­verfahren und der Herstellung von defektfreien, für bestimmte Anwendung maßgeschneiderten Werkstoffe.

HZB / JOL

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