16.04.2024

Hirntumore mit Plasma bekämpfen

Vollständige Abtötung von Hirnhauttumoren ist in Laborversuchen gelungen.

Wissenschaftlern und Medizinern der Westsächsischen Hochschule Zwickau (WHZ), des Heinrich-Braun-Klinikums Zwickau (HBK) und des Universitätsklinikums Magdeburg ist es gelungen, Hirntumorzellen durch die Behandlung mit physikalischem Plasma abzutöten. Durch das Verfahren soll es möglich werden, Hirnhauttumore restlos zu entfernen.


Abb.: Das Forscherteam v.l.n.r.: Dirar Aldabek (HBK Zwickau), Christian Mawrin...
Abb.: Das Forscherteam v.l.n.r.: Dirar Aldabek (HBK Zwickau), Christian Mawrin (Universitätsklinikum Magdeburg), Michael Luchtmann (HBK Zwickau), Maik Fröhlich (Westsächsische Hochschule Zwickau)
Quelle: M. Pohlitz / WHZ

Hirntumore stellen sowohl Patienten als auch die behandelnden Ärzte vor große Herausforderungen. Durch ihr verdrängendes oder invasives Wachstum können sie erhebliche neurologische Beschwerden nach sich ziehen und unter Umständen auch das Leben bedrohen. Die komplette Entfernung eines Hirntumors ist leider nicht immer möglich, ohne die Gesundheit des Patienten zu gefährden. Verbliebene Tumorreste erhöhen aber die Wahrscheinlichkeit eines erneuten Tumorwachstums.

Genau an diesem Punkt setzen Maik Fröhlich von der Westsächsischen Hochschule Zwickau (WHZ) und die Mediziner Michael Luchtmann und Dirar Aldabek vom Heinrich-Braun-Klinikum Zwickau (HBK) sowie Christian Mawrin und Peter John vom Institut für Neuropathologie des Universitätsklinikums Magdeburg an. Bereits seit 2022 arbeiten sie gemeinsam an dem Ziel, Hirntumorgewebe mit modernsten Techniken auch an Stellen vollständig zu entfernen, wo dies vorher nicht sicher möglich war.

Erreichen wollen dies die Forscher durch den Einsatz von physikalischem Plasma. Im Gegensatz zu natürlichem Plasma, aus dem zum Beispiel die Sonne besteht, ist dieses ionisierte Gas mit maximal 50 Grad Celsius eher kühl und besitzt die Eigenschaft, Keime und ungewünschtes Gewebe gezielt zu zerstören. In unterschiedlicher Form wird dieses Prinzip schon erfolgreich in der Wundheilung und partiell bei Behandlung von Tumoren der Haut und im Mund-, Kiefer-, Gesichtsbereich eingesetzt. „Im Gegensatz dazu ist die Hirntumorbehandlung am Patienten mit Kaltplasma medizinisches Neuland. Weltweit gibt es dazu kaum belastbare Forschungsergebnisse“, erklärt Michael Luchtmann, Chefarzt der Klinik für Neurochirurgie II des HBK Zwickau.

Unter Laborbedingungen ist es den Forschern nun gelungen, das Verfahren erfolgreich bei unterschiedlichen Formen an Hirntumoren anzuwenden. „Wir haben verschiedene Versuchsreihen in verschiedenen Szenarien durchgeführt und die Krebszellen dabei zu fast hundert Prozent eliminiert“, berichtet Maik Fröhlich von der Westsächsischen Hochschule Zwickau (WHZ). Die Ergebnisse sollen Mitte dieses Jahres veröffentlicht werden.

Für Maik Fröhlich hat die Forschung an diesem Themengebiet auch eine persönliche Komponente. Vor mehreren Jahren wurde bei einer Person im engen Umfeld ein Meningeom festgestellt. „Das ist vermutlich über zwanzig Jahre unbemerkt hinter dem Auge gewachsen und war am Ende so groß wie ein Ei“, berichtet der 44-Jährige. Glücklicherweise wurde die OP ohne Komplikationen überstanden. Aber durch die komplizierte Lage des Tumors hinter dem Sehnerv konnte in diesem Fall das Tumorgewebe nicht vollständig entfernt werden. „Damit bleibt natürlich immer ein gewisses Restrisiko, dass der Tumor genau an dieser Stelle nachwächst. Wenn es uns durch unser Verfahren gelingt, die Tumore auch an solchen komplizierten Stellen restlos zu entfernen, würde dies Tumorpatienten eine ganz andere Sicherheit geben“, blickt der Professor voraus.

Nach den Erfolgen im Labor geht es für die Zwickauer Forscher nun darum, die Ergebnisse in die Praxis zu überführen. In einem ersten Schritt soll dabei gezüchtetes Tumorgewebe bekämpft werden. Das langfristige Ziel der Forschung ist es, dieses Gewebe im Rahmen einer operativen Resektion mit Hilfe des physikalischen Plasmas vollständig zu entfernen. „Das würde die Wahrscheinlichkeit eines erneuten Tumorwachstums signifikant senken und könnte den Betroffenen sehr viel Unsicherheit und zahlreiche Kontrolltermine ersparen“, berichtet Christian Mawrin vom Institut für Neuropathologie des Universitätsklinikums Magdeburg.

WHZ / DE



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