27.03.2024

Autonome Unterwasserfahrzeuge mit hybrider Kommunikation

Sie spüren Müll und Munitionsreste auf, überwachen Unterwasserbauwerke und inspizieren Hafenanlagen.

Die Einsatzbereiche von autonomen Unterwasserfahrzeugen, kurz AUV, sind vielfältig. Doch herkömmliche AUVs sind groß und teuer in Herstellung und Wartung. Genau an diesen Handicaps hat das an der FH Kiel mit Partnern aus Wissenschaft und Industrie durchgeführte Forschungs- und Entwicklungsprojekt MAUS angesetzt. Die im Rahmen des Projekts entwickelten Prototypen „Hänsel“ und „Gretel“ wiegen 46 bzw. 50 Kilogramm, sind 1,25 Meter lang, 56 Zentimeter breit und 40 Zentimeter hoch. „Unsere kleinen AUVs eröffnen eine flexiblere Verwendung“, erklärt Projektleiterin Sabah Badri-Höher. „Sie können unkomplizierter transportiert werden. Um sie zu Wasser zu lassen, ist keine Kranvorrichtung an Bord von Forschungsschiffen nötig.“

Abb.: Projektleiterin Sabah Badri-Höher von der FH Kiel hat mit Partnern aus...
Abb.: Projektleiterin Sabah Badri-Höher von der FH Kiel hat mit Partnern aus Wissenschaft und Industrie autonom agierende, team- und kommunikationsfähige Unterwasserfahrzeuge entwickelt.
Quelle: K. Kaufner, FH Kiel

In ihren Fähigkeiten ergänzen sich die beiden AUVs perfekt: Während es sich bei Hänsel um ein Hover-Fahrzeug handelt, das mit Nahbereichssensoren ausgestattet ist, zeichnet sich Gretel durch eine optimierte Fahrfähigkeit über lange Strecken aus. Im Einsatz fährt sie schnell voraus und erkundet mithilfe ihre akustischen Sensoren die Umgebung. Stößt Gretel beim Kartieren auf eine Anomalie, meldet sie deren Position selbsttätig an Hänsel und setzt anschließend ihre Kartierung fort. Hänsel macht sich seinerseits auf den Weg, um vor Ort mit den Nahbereichssensoren detailliertere Messungen vorzunehmen und die Anomalie zu dokumentieren. Die Sensorik ist für Wassertiefen bis zweihundert Meter ausgelegt.

Um kooperieren zu können, müssen die beiden AUVs kommunizieren. Die akustische Unterwasserkommunikation ist die einzig bekannte Technik, um kabellos Reichweiten jenseits von hundert Metern zu erreichen. Jedoch sind die Bandbreite und somit die erreichbare Datenrate akustischer Modems begrenzt. Insbesondere im Flachwasser ist die akustische Übertragung aufgrund von Mehrwegeausbreitung schwierig, erklärt Peter Adam Höher von der Uni Kiel: „Deshalb wurden zwei innovative Nahbereichsmodems auf Basis optischer und magnetischer Datenübertragung entwickelt, implementiert und getestet. In Kombination mit einem akustischen Modem lassen sich so bisher unerreichte Möglichkeiten der Kommunikation und Navigation realisieren.“

Das akustische Modem stellt einen dauerhaften Kommunikationskanal mit einer Reichweite von etwa einem Kilometer bereit, während die optischen und magnetischen Modems eine hochratige Nahbereichskommunikation zwischen den Unterwasserrobotern ermöglichen. Dabei haben die Forscher auch das Wohl der Meeresbewohner berücksichtigt. Hänsel und Gretel kommunizieren in einem für sie nicht wahrnehmbaren Frequenzbereich.

Ihre jeweilige Mission wird an Land oder auf einem Forschungsschiff mithilfe einer Software geplant und kontrolliert. Entwickelt wurde sie unter Leitung von Erik Maehle von der Uni Lübeck. Die Software ist als Webapp realisiert und kann über einen Browser auf verschiedenen Endgeräten wie Notebooks oder Smartphones aufgerufen werden. Die Kommunikation mit den Robotern erfolgt an der Oberfläche per Funk und unter Wasser mit Akustikmodems. Über eine grafische Benutzungsoberfläche kann etwa auf einer Seekarte ausgewählt werden, welche Wege oder Flächen abgefahren werden sollen.

Für die Flächen entwickelte das Teilprojekt an der Uni Lübeck neuartige Verfahren zur automatischen und optimierten Pfadgenerierung, die eine vollständige Abdeckung eines Gebiets in möglichst kurzer Zeit erlauben. Zur Missionsdurchführung lässt sich die zuvor geplante Mission starten oder stoppen sowie speichern und laden. Ihre aktuelle Position zeigen die Roboter auf einer Karte an. Zudem ist die Visualisierung von Sensordaten wie Ladezustand der Batterien oder Wassertemperatur und -leitfähigkeit möglich. „Damit steht eine komfortable, intuitiv bedienbare und leicht erweiterbare graphische Benutzungsschnittstelle für die MAUS-Roboter zur Verfügung, die aber auch auf andere Unterwasserroboter übertragbar ist“, erklärt Maehle.

Aufgrund der vielfältigen Einsatzbereiche können die AUVs sowohl von Forschern als auch von der Privatwirtschaft, sowie von öffentlichen Einrichtungen angefordert werden. „Ziel des MAUS-Projekts waren der Entwurf und die Entwicklung von zwei Fahrzeugen, die autonom in Kooperation Aufgaben im Wasser erledigen können. Und das haben wir erreicht“, erklärt Badri-Höher. „Jetzt suchen wir Kooperationspartner, um Hänsel und Gretel in der Praxis zu erproben und die Arbeit an ihnen fortzusetzen.“

FH Kiel / RK

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