05.10.2023

Expansiver Schnappschuss

Vor 100 Jahren machte Edwin Hubble eine Beobachtung, welche die Vorstellung über die Ausdehnung des Universums erschüttern sollte.

Alexander Pawlak

Um 1920 war das Universum noch sehr überschaubar. Für die Mehrheit der Astronomie-Community bestand es im Wesentlichen aus der Milchstraße, aber eben nicht für alle. Schon der Philosoph Immanuel Kant hatte spekuliert, dass die spiralförmigen Nebel „Welteninseln“ wie unsere Galaxis sein könnten. Am 26. April 1921 kam es zu einer kontroversen Diskussion zwischen den beiden amerikanischen Astronomen Harlow Shapley (1885 – 1972) und Heber Curtis (1872 – 1942) vor der National Academy of Sciences, die als „Great Debate“ in die Geschichte einging: Shapley rechnete die Spiralnebel unserer Galaxis zu, während Curtis diese als eigene Galaxien ansah.

Mit dem 2,5-Meter-Spiegelteleskop von Hooker im Mount-Wilson-Observatorium,...
Mit dem 2,5-Meter-Spiegelteleskop von Hooker im Mount-Wilson-Observatorium, etwas außerhalb von Los Angeles gelegen, gelangen Edwin Hubble die Aufnahmen, die zeigten, dass es neben der Milchstraße weitere Galaxien gibt. Links unten ist Edwin Hubbles Stuhl zu erkennen, der auf einer Hebebühne steht.
Quelle: Image courtesy of the Observatories of the Carnegie Institution for Science Collection at the Huntington Library, San Marino, California

Die wahre Natur der Spiralnebel sollte aber nicht allzu lange auf sich warten lassen. Die entscheidende Beobachtung erfolgte vor hundert Jahren in der Nacht vom 5. auf den 6. Oktober 1923. In dieser Nacht nahm der amerikanische Astronom Edwin P. Hubble (1889 – 1953) mit dem Hooker-Teleskop des Mount Wilson Observatory, das einen Spiegeldurchmesser von rund 2,5 Meter besaß, ein Bild des Andromeda-Nebels (Messier 31) auf. Er identifizierte drei Novae, die er auf der Photoplatte mit „N“ markierte. Doch im Vergleich mit einer früheren Aufnahme erkannte er, dass eine der Novae ein veränderlicher Stern sein musste. Hubble strich das entsprechende „N“ durch und ersetzte es durch „VAR!“.

Die Nova, die ein veränderlicher Cepheide war.

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Der später als M31-V1 bezeichnete Stern erwies sich als ein besonderer Veränderlicher, nämlich als Cepheide. Die Astronomin Henrietta Swan Leavitt (1868 – 1921) hatte 1912 erkannt, das sich bei diesen Sternen aus der Periode der Veränderlichkeit auf die absolute Helligkeit und damit auf die Entfernung schließen lässt. Damit konnte Hubble zeigen, dass sich dieser Stern im Andromeda-Nebel in rund einer Million Lichtjahren Entfernung befand – der heutige Wert beträgt 2,5 Millionen Lichtjahre: Der vermeintliche Nebel war eine Galaxie wie unsere Milchstraße. Damit war klar, dass Shapley und viele andere falsch lagen und wir in einem viel größeren Universum leben statt in der „Welteninsel“ Milchstraße.

Hubbles Ergebnisse wurde erstmals 1925 von seinem Kollegen Henry Norris Russell (1877 – 1957) auf einer Tagung der American Astronomical Society in Washington DC verlesen und erregten großes Aufsehen. Zusammen mit seinem langjährigen Mitarbeiter Milton L. Humason (1891 – 1972) suchte und beobachtete Hubble weitere Cepheiden und Novae. Seine detaillierten Ergebnisse fasste er in einer Veröffentlichung von 1929 zusammen: die Entfernungsmessungen, welche die wahre Natur der Spiralnebel enthüllten. Hubbles Beobachtung in der Nacht vom 5. zum 6. Oktober 1923 war gewissermaßen der Startpunkt für grundlegende Umbrüche in der Kosmologie, etwa der Entdeckung der kosmischen Rotverschiebung oder dem Nachweis der beschleunigten Expansion des Universums.

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