08.06.2022 • LaserPhotonik

Vorstoß ins mittlere Infrarot

Laserphysiker erzeugen ultrakurze Mittel-Infrarotpulse und steuern präzise ihre Wellenform.

Infrarotlicht ist ein Türöffner für vielfältige techno­logische Anwendungen. Es schafft die Voraus­setzungen, Moleküle gezielt zu Schwingungen anzuregen, sowie elektrische Signale in Halbleitern zu erzeugen. Wer die Schwingung elektrischer Felder von ultra­kurzen Lichtpulsen technisch nutzen will, muss zunächst heraus­finden, wie man sie am besten kontrolliert. In vielen Wellen­längen­bereichen funktioniert das schon gut. Eine Heraus­forderung war bislang die Kontrolle und Steuerung von Licht im mittleren infraroten Wellen­längen­bereich. Einem inter­nationalen Team von Forschern ist es jetzt gelungen, ultrakurze Mittel-Infra­rot­pulse zu erzeugen und die Wellenform, also deren elektrisches Feld, präzise zu steuern. Damit eröffnet sich eine neue Möglich­keit der optischen Kontrolle für bio­medi­zinische Anwendungen sowie für die Quanten­elektronik.

Abb.: Ultra­kurze Laser­pulse werden in einen nicht­line­aren Kristall...
Abb.: Ultra­kurze Laser­pulse werden in einen nicht­line­aren Kristall ge­schickt und durch­laufen kom­plexe Frequenz-Misch­pro­zesse. (Bild: D. Luck, A. Gelin, LMU)

Die Grundlage für die neue Mittel-Infrarot­quelle ist ein stabi­li­siertes Lasersystem, das Lichtpulse mit einer genau definierten Wellenform im angrenzenden nahen Infrarot erzeugt. Die Pulse bestehen aus nur einer Schwingung der Lichtwelle und sind damit nur wenige Femto­sekunden lang. Schickt man diese in einen Zink-Germanium-Phosphit-Kristall, lässt sich unter Ausnutzung komplexer Misch­prozesse die Erzeugung langwelliger Infrarot­pulse herbei­führen. So ließ sich eine sehr große Abdeckung des Licht­spektrums von ein bis zwölf Mikro­metern erreichen. Dabei konnten die Forscher nicht nur die zugrunde­liegende Physik der Misch­prozesse erklären, sondern das neue Konzept auch dazu nutzen, die Schwingungen des erzeugten Mittel­infrarot-Lichts über die Eingangs­parameter präzise zu kontrol­lieren.

Diese Kontrolle kann beispiels­weise bestimmte elektronische Prozesse in Festkörpern gezielt auslösen, was in künftiger, elektronischer Signal­ver­arbeitung wichtig sein und sie beschleunigen könnte. „Man könnte also über die Kontrolle der Lichtpulse eine licht­ge­steuerte Elektronik entwickeln“, sagt Philipp Stein­leitner vom MPI für Quanten­optik. „Würden opto­elektro­nische Bauteile bei Frequenzen des erzeugten Lichts arbeiten, könnte man heutige Elektronik mindestens um den Faktor 1000 beschleunigen.“

Ein besonderes Augenmerk der neuen Licht-Technologie legen die Physiker auf ihren Einsatz in der Spektroskopie von Molekülen. Trifft nämlich Infrarot­licht auf Moleküle, beginnen diese zu schwingen und senden ihrerseits charakte­ris­tisches Licht aus. So kann man heraus­finden, welche Moleküle sich in einer Flüssigkeit, wie etwa im mensch­lichen Blut befinden. „Mit unserer Laser­technik haben wir damit den kontrol­lierbaren Wellenlängen-Bereich im Infrarot deutlich erweitert“, erklärt Nathalie Nagl vom MPI für Quanten­optik. „Die nun zusätzlich verfüg­baren Wellen­längen verschaffen uns die Möglichkeit, noch genauer zu analysieren, wie sich ein Mix aus Molekülen zusammen­setzt.“

Ein Teil des Teams arbeitet bereits daran, anhand von Molekular-Spektroskopie charakte­ris­tische Signaturen zu identi­fi­zieren. Diese erlauben es, eine Erkrankung wie Krebs mittels Blutproben­unter­suchung bereits im Frühstadium zu erkennen. „Unsere Laser­techno­logie erlaubt es unseren Kollegen in Zukunft, bisher nicht erfassbare Änderungen spezifischer Biomoleküle wie Proteine oder Lipide nach­zu­weisen. Damit steigert sie die Verläss­lichkeit einer künftigen medizi­nischen Diagnostik mit Hilfe der Infrarot-Laser­techno­logie“, erläutert Maciej Kowalczyk vom MPI für Quanten­optik.

LMU / RK

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