25.05.2023

Von der Mondlandung zum Himmelslabor

Vor 50 Jahren startete die erste Besatzung zu Skylab, der ersten und bislang einzigen rein US-amerikanischen Raumstation.

Der Weg zu einer permanenten Raumstation begann alles andere als hoffnungsvoll. Die Sowjetunion hatte mit Saljut 1, gestartet im April 1971, zunächst die Nase vorn. Doch die erste Mission, Sojus 10 misslang, die Kosmonauten konnten die Raumkapsel nicht dauerhaft an Saljut 1 koppeln. Die Sojus-11-Besatzung war erfolgreich und arbeitete 23 Tage auf der Raumstation, doch bei der Landung kamen Georgi Dobrowolski, Wladislaw Wolkow und Wiktor Pazajew ums Leben.

Die USA hatten die Nutzung des erdnahen Weltraums im Rahmen des Apollo-Nachfolgeprogramms, das ab 1965 unter dem Namen „Apollo Applications“ firmierte, im Blick. Der Öffentlichkeit wurde es aber erst im Dezember 1972 nach Abschluss des Mondprogramms vorgestellt.

Für Skylab wurde die dritte Stufe der Saturn-V-Rakete von einem reinen Treibstofftank zu einem geräumigen Weltraumlabor umfunktioniert, das lange und komfortablere Aufenthalte für eine breite Palette an Forschungen ermöglichen sollte. Dazu gehörten biowissenschaftliche Untersuchungen, vor allem der physiologischen Reaktionen der Astronauten auf einen langen Weltraumflug, geowissenschaftliche und astronomische Beobachtungen, insbesondere der Sonne sowie Experimente zur Materialverarbeitung. Sogar Vorschläge für Experimente von Studierenden fanden Berücksichtigung.

Doch das Skylab-Programm, für das drei ein- bis zweimonatige Missionen mit jeweils drei Astronauten geplant waren, stand zunächst unter keinem guten Stern. Beim unbemannten Start des Weltraumlabors am 14. Mai 1973 schien zunächst alles reibungslos zu verlaufen, doch bereits nach einer Minute bemerkten die Flugkontrolleure in Houston die ersten Anzeichen von Problemen. Offenbar waren der Mikrometeoritenschild der Station, der gleichzeitig als Wärmeschutz dienen sollte, und mindestens eines der Solarzellen-Panels vorzeitig ausgelöst und beschädigt worden. Nach Erreichen der Umlaufbahn und der Entfaltung der Sonnensegel und der Teleskop-Montierung (ATM) blieb die Energieerzeugung weit unter den Erwartungen, während die Temperatur im Inneren der Station auf Werte anstieg, die für eine Besatzung unerträglich gewesen wären. Zudem drohten sie die empfindlichen Geräte zu schädigen und Verbrauchsmaterialien an Bord zu zerstören.

Damit war das Skylab-Programm in Gefahr. Die Flugkontrolleure standen vor der gewaltigen Herausforderung, mit einer geschickten Ausrichtung von Skylab die Stromerzeugung durch die ATM-Solarzellen zu maximieren und die Aufheizung des Arbeitsbereichs zu minimieren. Das gelang der Flugleitung nach einem Tag, während die Ingenieure und Astronauten fieberhaft nach dauerhaften Lösungen suchten.

Eigentlich war der Start der ersten Besatzung 24 Stunden nach Erreichen der Umlaufbahn von Skylab geplant, doch er wurde um zehn Tage auf den 25. Mai verschoben. Die Besatzung, Kommandant Charles „Pete“ Conrad, Pilot Paul J. Weitz und Wissenschaftspilot Joseph P. Kerwin, flog zunächst zurück nach Houston, um mit dem Training für die ehrgeizige und gefährliche Mission zur Rettung von Skylab zu beginnen.

Mit Pete Conrad hatte die erste bemannte Skylab-Mission einen besonders erfahrenen Astronauten als Kommandanten, denn er hatte nicht nur zwei Gemini-Flüge vorzuweisen, sondern war mit Apollo 12 auch auf dem Mond gelandet, den er mit einem unbekümmerten „Whoopee!“ als dritter Mensch betrat.

In den 10 Tagen zwischen den beiden Skylab-Starts entwarf, baute und verstaute das Personal der NASA und der Vertragspartner im Kommandomodul einen speziell angefertigten Sonnenschirm zur Kühlung der Station. Nach dem erfolgreichen Start am 25. Mai 1973 konnte die Besatzung bereits an ihrem zweiten Tag in der Umlaufbahn den Sonnenschirm anbringen. Am 7. Juni führten Conrad und Kerwin einen weiteren rekordverdächtigen Weltraumspaziergang durch, um das verklemmte Solarpanel zu befreien. Erst dann hatte Skylab wieder genug Energie, um die Mission zu beenden.

In der zweiten Hälfte der Mission gelang es Conrad, Weitz und Kerwin, den größten Teil des Forschungsprogramms durchzuführen. Trotz der langwierigen Reparatur konnten sie 81 Prozent der geplanten Sonnenbeobachtungen, 88 Prozent der Erdbeobachtungen und 90 Prozent der medizinischen Experimente absolvieren. Und es blieb sogar Zeit, die speziell für die Schwerelosigkeit konstruierte Dusche an Bord zu testen.

Die Besatzung von Skylab 2 war 24 Tage im All und brach damit den Rekord der Sojus-11-Besatzung. Das übertrafen Skylab 3 und 4 mit 59 bzw. 84 Tagen nochmals. Bei diesen stand die Forschung noch mehr im Vordergrund. Die Sonnenphysik profitierte enorm von den Skylab-Beobachtungen, und die medizinischen Untersuchungen wiesen den Weg für noch längere Aufenthalte im Weltraum, wie sie dann auf der MIR und der Internationalen Raumstation Wirklichkeit werden sollten.

Mit Sonnenbeobachtungen im Röntgenbereich trug Skylab zu den Forschungen bei, für die Riccardo Giacconi im Jahr 2002 den Physik-Nobelpreis erhielt. Während Skylab 4 gelang es, den Komet Kohoutek zu beobachten, den der Astronom Luboš Kohoutek am 18. März 1973 an der Hamburger Sternwarte entdeckt hatte.

Nach Skylab 4 ließ sich die bislang einzige rein amerikanische Raumstation nicht mehr wiederbeleben. Anders als von der NASA angedacht, kam das Space Shuttle dafür nicht mehr rechtzeitig zum Einsatz. Skylab befand sich zudem in einem rascheren Sinkflug als erwartet. Am 11. Juli 1979 trat sie in die Erdatmosphäre ein. Die Trümmerstücke gingen über dem Indischen Ozean und Westaustralien nieder.

Eine US-amerikanische Raumstation, die ab 1984 unter dem Namen „Space Station Freedom“ mit Beteiligung von Europa, Japan und Kanada geplant war, wurde nicht realisiert. Stattdessen flog die NASA mit Shuttle-Flügen zur russischen Raumstation MIR und beteiligte sich an der Internationalen Raumstation, die seit 2. November 2000 kontinuierlich von Astronauten bewohnt wird.

Alexander Pawlak
 

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