23.09.2016

Verwirrte Insekten

Der diesjährige IgNobelpreis für Physik geht an Forscher, welche die Auswirkung von polarisiertem Licht auf Libellen und Bremsen untersucht haben.

Die IgNobel-Preise bilden das lustige Gegenstück zu den seriösen Nobelpreisen. Sie ehren wissenschaftliche Arbeiten, die „Menschen zuerst zum Lachen, dann zum Nachdenken“ bringen sollen. Die diesjährige Verleihung fand am 22. September an der Harvard University statt. Wie jedes Jahr übergaben echte Nobelpreisträger wie Dudley Herschbach (Chemie, 1986) oder Roy Glauber (Physik, 2005) die Preise.

Überraschenderweise spielen Tiere eine entscheidende Rolle beim Physik-Preis: Forscher unter der Leitung von Gábor Horváth, Professor für Elektrotechnik an der Budapest University of Technology and Economics, stellten fest, dass Libellen sich offenbar von abgeschliffenen, schwarzen Grabsteinen auf einem ungarischen Friedhof angezogen fühlten. Denn die Libellen setzten sich ständig in die Nähe der ausgewählten Steine und verteidigten ihren Sitzplatz. Einzelne Tiere berührten wiederholt die Oberfläche mit ihrem Bauch, während Paare über den schwarzen Grabsteinen kreisten. Mithilfe von Videopolarimetrie fanden die Wissenschaftler heraus, dass die Grabsteine ähnlich wie glatte Wasseroberflächen horizontal polarisiertes Licht mit hohem Polarisationsgrad reflektieren. Am stärksten tritt dies bei glänzenden, schwarzen und näherungsweise horizontalen Oberflächen auf. Die Polarisationsrichtung des reflektierten Lichts ist dabei stets senkrecht zur Reflexionsebene. Das bedeutet, dass Licht, das von oben kommt, bei Reflexion an einer horizontalen Oberfläche auch horizontal polarisiert wird. Der Polarisationsgrad des reflektierten Lichts ist bei Grabsteinen mit matten, hellen oder nicht-horizontalen Oberflächen dagegen deutlich geringer.


Die Forscher untersuchten die Polarisation von Grabsteinen auf einem ungarischen Friedhof. (Abb. aus: G.Horváth et al., Freshwater Biology 52, 1700 (2007))

Auf ähnliche Weise lassen sich Bremsen von polarisiertem Licht leiten, um ihre Opfer zu finden. Gábor Horváth und seine Kollegen erkannten, dass die Blutsauger Pferde mit dunklem Fell gegenüber solchen mit hellem bevorzugen. Wie bei den Libellen übt horizontal polarisiertes Licht eine starke Anziehungskraft auf sie aus. Diese Eigenschaft nennt man „Polarotaxis“. Die Wissenschaftler testeten verschiedene Versuchsoberflächen auf ihre Polarisationseigenschaften und verglichen diese mit denen von Pferdefellen. Das Ergebnis: Nicht die dunklere Farbe oder die höhere Temperatur dunkler Pferde macht den Unterschied für die Bremsen aus, sondern die stärkere Reflexion von horizontal polarisiertem Licht durch das Fell.

Da haben die Schimmel einmal Glück gehabt: Normalerweise sind sie stärker als Pferde mit dunklerem Fell von Raubtieren gefährdet, da sie stärker auffallen.

Als bösen Seitenhieb auf die Abgasaffäre erhielt Volkswagen den IgNobelpreis für Chemie für die „Lösung des Problems exzessiver Autoabgase durch die automatische, elektromechanische Verringerung der Emissionen immer genau dann, wenn die Autos getestet wurden." Im Gegensatz zu den anderen IgNobelpreisen nahm keiner der Ausgezeichneten an der Zeremonie teil…

Nina Beier

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