04.02.2019

Unterschiedliche Planeten-Zwillinge

Kosmische Katastrophen als Ursache überraschender Unterschiede zwischen Planeten.

Kleinere Exoplaneten mit einer Größe von bis zu drei Erdradien zeigen bezüglich ihrer Dichte erstaunliche Unterschiede: Während manche von ihnen eine ähnliche Dichte wie Neptun besitzen, also einen hohen Anteil an leichten Elementen, ist die Dichte bei anderen vergleichbar mit Merkur mit seinem hohen Anteil an Eisen. Große Unterschiede treten sogar innerhalb ein und desselben Planetensystems mit vergleichbaren Umlaufbahnen auf. Zwei mögliche Erklärungen werden in der Fachliteratur diskutiert. So könnte die intensive Röntgen- und UV-Strahlung eines jungen Sterns leichtere Elemente verdampfen und fortblasen und so die Entwicklung der Planeten in Abhängigkeit von ihrem Bahnradius beeinflussen. Oder Einschläge großer Planetesimale verändern die Zusammensetzung junger Planeten und führen so zu den beobachteten Unterschieden. Während es vereinzelnd Hinweise auf das Wirken des ersten Einflusses gibt, ließ sich das Einschlag-Szenario bislang nicht durch Beobachtungen erhärten

Abb.: Ein großer Einschlag auf einen Planeten. Solche kos­mischen...
Abb.: Ein großer Einschlag auf einen Planeten. Solche kos­mischen Kata­strophen könnten eine wichtige Rolle bei der Entwicklung von Gesteins­planeten ähnlich der Erde spielen. (Bild: NASA, JPL, Caltech)

Das hat sich jetzt geändert. Einem internationalen Forscherteam um Aldo Bonomo vom Astrophysikalischen Observatorium Turin in Italien gelang es zu zeigen, dass die Unterschiede zwischen den Planeten-Zwillingen Kepler-107b und Kepler-107c mit großer Wahrscheinlichkeit durch einen großen Einschlag zustande gekommen sind. Der sonnenähnliche Stern Kepler-107 ist etwa 1700 Lichtjahre von der Erde entfernt. In den Daten des Weltraumteleskops Kepler fanden sich Hinweise auf vier Planeten mit Umlaufzeiten von 3,2, 4,9, 8,0 und 14,7 Tagen, also auf sehr engen Umlaufbahnen. Kepler hat nach minimalen periodischen Helligkeitsschwankungen bei Sternen gesucht, die durch „Transits“ der Planeten zustande kommen, wenn sie also von der Erde aus gesehen vor dem Stern vorüberziehen.

Aus diesen Transits lässt sich nicht nur die Umlaufzeit, sondern auch die Größe der Planeten ableiten – nicht jedoch die Masse und damit auch nicht die Dichte. Weitere Beobachtungen waren also nötig. Mit dem 3,6 Meter großen Telescopio Nazionale Galileo auf La Palma führten die Forscher präzise spektroskopische Beobachtungen des Sterns Kepler-107 durch. Dabei stießen sie auf periodische Schwankungen der Wellenlängen der Spektrallinien im Sternspektrum. Während es sich bei einer dieser Variationen offenbar um magnetische Aktivität des Sterns handelt, spiegeln die anderen die Bewegung der Planeten wider: Stern und Planeten umkreisen den gemeinsamen Massenschwerpunkt, auch der Stern bewegt sich also ein wenig, und diese Bewegung führt zu einem Dopplereffekt im Spektrum.

Da die Stärke der Sternbewegung von der jeweiligen Planetenmasse abhängt, konnten Bonomo und seine Kollegen auf diese Weise die Planetenmassen ermitteln – und daraus mit dem Radius dann schließlich die Dichte der Himmelskörper. Wie sich zeigte, sind Kepler-107b und Kepler-107c zwar fast gleich große Planeten-Zwillinge, Kepler-107c besitzt aber eine mehr als doppelt so hohe Dichte. Und das steht im Widerspruch zum Strahlungsszenario, da Kepler-107b seine Bahn näher am Stern zieht, also mehr leichte Elemente verloren haben und damit heute die höhere Dichte aufweisen sollte.

Bonomo und seine Kollegen zeigen stattdessen, dass die Unterschiede zwischen diesen beiden Planeten im Einklang sind mit Computersimulationen großer Einschläge auf jungen Planeten. Bei solchen kosmischen Katastrophen wird ein signifikanter Teil des leichteren Silikatmantels ins All geschleudert – zurück bleibt dadurch ein insgesamt dichterer Planet. Solche großen Einschläge gelten in unserem Sonnensystem auch als Ursache der Entstehung des irdischen Mondes, sowie der ungewöhnlich eisenhaltigen Zusammensetzung des Planeten Merkur. Große Einschläge könnten also eine wichtige Rolle in der Evolution von Planetensystemen spielen, so die Forscher. Dann sollte es eine große Zahl dichter Planeten ähnlich Kepler-107c geben.

Rainer Kayser

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