30.08.2013

Stichproben zur Bundestagswahl

Ein Wegweiser zu den wissenschaftsrelevanten Themen in den Parteiprogrammen.

Nur noch rund drei Wochen sind es bis zur Bundestagswahl. Wenn man die Wahlprogramme der größeren Parteien durchstöbert, wird man überall ein Bekenntnis zum Wert von Bildung und Forschung finden. Interessant wird es immer da, wo die Aussagen über Allgemeinplätze hinausgehen und konkrete Aussagen gemacht werden.

Nicht überraschend ist, dass die CDU in ihrem Programm eine positive Bilanz zieht und die Fortführung begonnener Aktivitäten wie Exzellenzinitiative oder Hochschulpakt ankündigt, wobei sie verspricht, „die öffentlichen und privaten Bildungsausgaben weiter [zu] steigern“, allerdings ohne konkrete Zahlen zu nennen. Solche finden sich im Wahlprogramm der Grünen, die mit der Absichtserklärung aufwarten, „jährlich 1 Mrd. Euro mehr in den Hochschulpakt [zu] stecken – für mehr Studienplätze und bessere Studienbedingungen“ oder mit „einer Neuauflage des Juniorprofessurenprogramms 1000 neue Juniorprofessuren mit Tenure Track [zu] initiieren.“

Die SPD trifft eine Mittelzusage für das gesamte Bildungssystem. Sie möchte ab 2014 „schrittweise aufbauend jährlich 20 Mrd. Euro mehr für Bildung investieren. Davon soll der Bund 10 Mrd. Euro bereitstellen. Die Länder sollen in ihrer eigenen finanziellen Handlungsfähigkeit so gestärkt werden, dass sie weitere 10 Mrd. Euro mehr in Bildung investieren können.

SPD, Grüne und Linke sprechen sich in ihren Wahlprogrammen klar gegen Studiengebühren aus, die CDU erwähnt sie nicht und nur die FDP spricht sich dafür aus, dass die „Länder die Möglichkeit haben sollen, nachgelagerte Studiengebühren zuzulassen“, also Studiengebühren, die erst gezahlt werden müssen, wenn Absolventen einen Job haben. Nach dem Willen der FDP sollen diese „Studienbeiträge in voller Höhe an den staatlichen Hochschulen verbleiben und für die Verbesserung der Lehre eingesetzt werden“.

Wie unterschiedlich die Akzentuierungen bei Forschungsthemen ausfallen können, zeigt das Thema „Open Access“ bei wissenschaftlichen Publikationen. Die Linken wollen, „dass Ergebnisse öffentlich finanzierter Forschung rasch breit verfügbar sind, und unterstützen deshalb Open Access und Open Data im Wissenschaftsbereich“. Die CDU erklärt dagegen nur, zusammen mit der Wissenschaft eine „Open-Access-Strategie“ zu entwickeln. Die Piraten nehmen eine besonders deutliche Position ein. Sie erklären die Publikation nach dem Open Access Prinzip zum zentralen Kriterium bei der Vergabe öffentlicher Fördermittel. Bei den Grünen soll Open Access im „Rahmen der öffentlichen Forschungsförderung […] zur verpflichtenden Bedingung gemacht werden“, verbunden mit einem unabdingbarem Zweitverwertungsrecht für die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.

Die Energie ist ein ebenso weites wie umkämpftes Themenfeld, das zeigt sich schon beim Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG). Die FDP möchte weiter daran arbeiten, mehr Wettbewerb durchzusetzen und „die von Rot-Grün verordnete teure Überförderung zu beseitigen“. Die SPD konstatiert in ihrem Programm, dass „die Überförderung in einigen Bereichen auch zu einem drastischen Anstieg der EEG-Umlage und damit auch zu einem Anstieg der Strompreise geführt“ habe. Sie strebt daher eine grundlegende Reform des Gesetzes an, „die den Ausbau langfristig und berechenbar sichert, die konsequent die Kosten begrenzt und die Strompreise im Blick hat“. Die SPD hält dabei einen „Einspeisevorrang für Erneuerbare Energien [für] weiterhin erforderlich“.

Beim Thema Atomenergie setzt sich die CDU dafür ein, „die Sicherheit aller Kernkraftwerke in der Europäischen Union zu verbessern“, die FDP möchte darüberhinaus, dass für „den Rückbau der deutschen Kernkraftwerke [...] Fachwissen und Fachpersonal langfristig zur Verfügung stehen“. Für die Grünen ist der „Atomausstieg ist unglaubwürdig, wenn Deutschland zugleich AKW-Projekte im Ausland unterstützt“. Sie halten jede Forschung zur weiteren Nutzung der Atomenergie und zur Kernfusion für nicht zukunftsfähig und sind dezidiert gegen eine Förderung der kerntechnischen Transmutation und des Kernfusionsprojekts ITER. Die Piratenpartei Deutschland setzt sich dafür ein, die Energiegewinnung durch Kernspaltung bereits in drei Jahren zu beenden, und nicht erst 2022 wie 2011 vom Bundestag beschlossen. Die Linke fordert sogar, die Atomkraftwerke sofort abzuschalten.

Diese Stichproben zeigen hoffentlich, dass es sich lohnen kann, einmal gründlicher in die Wahlprogramme der Parteien hineinzulesen – und sei es nur, um Kandidaten vor Ort mit Nachfragen zu löchern. Dafür haben wir unten die online verfügbaren Wahlprogramme zusammengestellt, zusammen mit Links bzw. Seitenzahlen zu Abschnitten, die sich speziell mit den Hochschulen, Forschung & Wissenschaft und dem Themenbereich Energie widmen.

Weitere Details über die Wahlprogramme hinaus bringt eine Umfrage unter den Parteien der „Nachrichten aus der Chemie“, der Verbandszeitschrift der Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCH), und des Verbandes Biologie, Biowissenschaften und Biomedizin in Deutschland (VBIO). Hier finden sich Ausführungen von CDU, FDP, SPD, Grünen und der Linken zur Hochschulfinanzierung, Exzellenzinitiative, Studienbedingungen, Industrieforschung, Atommüll und weiteren Themen.

Die Physik findet sich übrigens in keinem der Wahlprogramme explizit erwähnt. Nur im kurzen Programm von „Die Partei“ aus dem Umfeld des Satiremagazins Titanic heißt es: „Unsere Experten werden die Steuergesetze mit der Stringtheorie kreuzen und somit Steuerformulare erschaffen, die nur mit Quantencomputern ausgefüllt werden können“. Als ob die Stringtheorie und die Entwicklung von Quantencomputer nicht schon komplex genug wären.

Alexander Pawlak 

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