Spintronik wird chiral

Neues Projekt erforscht Zusammenhang zwischen Chiralität und Spinströmen.

Spintronische Bauelemente nutzen die Eigen­schaften des funda­men­talen Elektronen­spins zur Über­tragung und Speicherung von Infor­ma­tionen. Ihr Einsatz erfordert keine Ladungs­ströme für den Betrieb, erhöht die Energie­effizienz und Daten­ver­arbeitungs­geschwin­digkeit und verbessert die Integration von Speicher und Logik. Die Herstellung und Analyse geeigneter Materialien für neue spin­tronische Implemen­tierungen erfordern jedoch modernste Methoden aus der Nano­techno­logie. Um das dafür nötige Know-how zu bündeln, starteten das MPI für chemische Physik fester Stoffe und das Fraunhofer-Institut für photonische Mikro­systeme ein neues, von der Sächsischen Aufbaubank gefördertes Projekt.

Abb.: Rein­raum am Fraun­hofer-IPMS. (Bild: Fh.-IPMS)
Abb.: Rein­raum am Fraun­hofer-IPMS. (Bild: Fh.-IPMS)

Informations­verarbeitungs- und Daten­speicher­techno­logien, zum Beispiel für Computer­speicher oder Fest­platten­lauf­werke in Rechen­zentren, setzen heute auf den Einsatz von Ladungs­strömen, die natur­gemäß mit Verlusten und hohem Energie­verbrauch verbunden sind. Ein alter­natives Konzept bietet die moderne CMOS-Techno­logie, indem sie das magnetische Moment – also den Spin – jedes Elektrons nutzt. Das ermöglicht eine höhere Daten­ver­arbeitungs­geschwin­digkeit und eine bessere Integration von Speicher und Logik bei insgesamt geringerem Strom­ver­brauch. Um diese Ziele zu erreichen, müssen vor allem neue Materialien mit den gewünschten Eigen­schaften gefunden werden, die eine hohe Effizienz der Spinströme ermöglichen. Hier setzt das Projekt „Topo­lo­gische Spin­tronik: CMOS-kompatible Materialien aus der B20-Familie“ an.

Chirale Kristalle sind eine viel­ver­sprechende Material­klasse, deren Einsatz­möglich­keiten in der spin­basierten Elektronik noch weit­gehend unerforscht sind. In chiralen Materialien können die Atome, aus denen der Kristall besteht, in zwei ungleich­wertigen Anordnungen vorliegen, die wie das Spiegel­bild des jeweils anderen aussehen. Das Projekt zielt darauf ab, die Lücke zwischen dem Verständnis des Zusammen­hangs zwischen Chiralität und Spin­strömen und der Bewertung des Potenzials chiraler Materialien für elek­tro­nische Anwendungen zu schließen. Die Projekt­partner wollen neue chirale Materialien mit hoher Ladungs-Spin-Konversion erforschen. Die Materialien werden in die Herstellung von hoch­wertigen magne­tischen Bau­elementen für zukünftige spin­tronische Anwendungen integriert.

Die Gruppe von Claudia Felser am MPI für chemische Physik fester Stoffe in Dresden ist inter­national bekannt für ihre Forschung an neuen topo­lo­gischen Quanten­materialien. „Spin und Ladung von Elektronen in chiralen Kristallen eröffnen einen neuen Weg für neue Hoch­geschwin­dig­keits­elektronik, aber es ist ein langer Weg vom Material zum Bauelement“, sagt Felser, „und mit unseren Kollegen vom Fraunhofer-IPMS haben wir die Möglichkeit, eine Abkürzung zu nehmen.“

„Dieses Projekt kombiniert unserer Expertise auf dem Gebiet der Topologie, dem Wachstum hochwertiger epitak­tischer Dünn­schichten und unserer Erfahrung in der Spintronik und wird es uns ermöglichen, neue Spin-Hall-Materialien in der B20-Familie mit hoher Effizienz zu entdecken“, sagt Anastasios Markou, Gruppen­leiter in Felsers Gruppe.

„Diese Partnerschaft wird uns auf die nächste Stufe heben. Mit unseren Kollegen vom MPI können wir mit Materialien arbeiten, die in der CMOS-Welt noch nicht verfügbar sind“, ergänzt Maik Wagner-Reetz, der für die Spintronik-Aktivitäten am Fraunhofer-IPMS verantwortlich ist. Das Center Nano­electronic Techno­logies des Fraunhofer-IPMS entwickelt Lösungen für Prozesse und Bauelemente auf 300-mm-Wafer-Ebene für den Transfer von Ergebnissen aus der Grundlagenforschung in die industrielle Anwendung. Zu den wichtigsten Kern­kom­pe­tenzen gehören die Integration neuer Materialien und die Herstellung von 300-mm-CMOS-kompatiblen Bau­elementen.

Fh.-IPMS / RK

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