19.01.2021

Sind Naturkonstanten wirklich konstant?

Manchen Stringtheorien zufolge sind die Naturkonstanten nicht völlig konstant – neue Messungen mit hochgenauen Atomuhren liefern dafür aber keine Hinweise.

Eine Naturkonstante sollte immer den gleichen Wert besitzen, unabhängig davon, zu welcher Zeit oder an welchem Ort sie bestimmt wird. Auch Einsteins Allgemeine Relativitäts­theorie nutzt diese grund­legende Annahme, die als lokale Positions­invarianz, kurz LPI, bezeichnet wird. Wissen­schaftler der Physika­lisch-Tech­nischen Bundes­anstalt konnten jetzt die Gültig­keit der LPI mit einem deutlich verbes­serten experi­men­tellen Test unter­mauern. Motiviert sind ihre Unter­suchungen durch moderne String­theorien, die LPI-Verletzungen, zum Beispiel zeit­lichen Varia­tionen von Natur­konstanten, vorher­sagen. Bei ihrer Suche nach einer experi­men­tellen Bestätigung solcher neuen Physik nutzten die Forscher der PTB den Vergleich ihrer hoch­genauen Atom­uhren und konnten Ergebnisse früherer Experi­mente bis zu zwanzig­fach verbessern.

Abb.: Vergleiche zwischen Ytterbium- und Cäsium-Atom­uhren an ver­schiedenen...
Abb.: Vergleiche zwischen Ytterbium- und Cäsium-Atom­uhren an ver­schiedenen Orten (x) und zu ver­schiedenen Zeiten (t) unter­mauern die Konstanz von Natur­konstanten. (Bild: PTB)

Wichtige Natur­konstanten sind die Fein­struktur­konstante α, die die Stärke der elektro­magnetischen Wechsel­wirkung beschreibt, und das Massen­verhältnis von Proton und Elektron µ. Diese Größen gehen in den Aufbau aller Atome und Moleküle ein. Sie beein­flussen die atomaren Energie­skalen und damit auch Energie­unter­schiede zwischen atomaren Zuständen, die in Atom­uhren als Referenz­frequenz genutzt werden. Die Empfind­lich­keit der Energie­unter­schiede gegen­über den Natur­konstanten hängt stark vom jeweiligen atomaren System ab. So verändert sich die Frequenz der Cäsium-Uhr, mit der die Basis­einheit der Zeit Sekunde realisiert wird, bei einer Varia­tion von µ und von α. Frequenzen optischer Atom­uhren zeigen keine Abhängig­keit von µ, können aber zur Detektion von α-Varia­tionen genutzt werden.

Besonders geeignet hierfür ist das Ytterbium-Ion, das zwei optische Referenz­über­gänge mit stark unter­schied­licher Abhängig­keit von α besitzt. Ein kombi­nierter Vergleich von Ytterbium- und Cäsium-Uhren erlaubt somit eine Suche nach Verände­rungen sowohl von α als auch von µ. Diesem Ansatz folgend verglichen Forscher der PTB ihre hoch­genauen Atom­uhren über einen Zeit­raum von mehreren Jahren und stellten fest, dass Änderungen im Wert von α pro Jahr höchstens ab der 21. Nach­komma­stelle auftreten können.

Das ist die erste signifikante Verbesserung der Grenze einer möglichen zeit­lichen Variation von α seit über zwölf Jahren, mit einer um den Faktor 20 höheren Genauigkeit. Für Änderungen von µ wurde das bisherige Limit um den Faktor 2 verbessert. Neben der Ein­schränkung einer poten­ziellen zeit­lichen Veränderung begrenzen die Daten eben­falls eine mögliche räum­liche Abhängig­keit der Natur­konstanten vom Gravitations­potenzial der Sonne auf der Erd­um­lauf­bahn.

Im Rahmen der Messungen wurde außerdem die Frequenz einer der beiden Ytterbium-Uhren mit höchster Präzision bestimmt. Die bei 642×10¹² Hz liegende Frequenz wurde mit einer Genauig­keit von 0,08 Hz ermittelt und stellt die bisher genaueste Messung einer optischen Frequenz mit Cäsium-Uhren dar.

PTB / RK

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