07.03.2024

Roboter bauen Brennstoffzellen schneller

Automatisierte Prozesse ebnen den Weg zur Massenproduktion.

Ein Forschungsteam vom Fraunhofer-Institut für Produktions­technik und Automatisierung IPA in Stuttgart und vom Campus Schwarzwald hat eine Roboterzelle aufgebaut, die Brennstoff­zellen in Sekunden­schnelle und vollkommen auto­matisiert stapelt. Damit ist eine wesentliche Voraussetzung dafür erfüllt, dass die Preise für Brennstoff­zellensysteme fallen und sie im Schwerlast­verkehr den Verbrenner ablösen.

Abb.: Vollkommen automatisiert und in Sekundenschnelle stecken zwei...
Abb.: Vollkommen automatisiert und in Sekundenschnelle stecken zwei Deltaroboter eine Brennstoffzelle.
Quelle: R. Bez, Fh.-IPA

Ein Fließband befördert Bipolar­platten ins Sichtfeld eines Roboters. Seine Bildverarbeitungssoftware erkennt das Bauteil, das in Brenn­stoffzellen verbaut wird. Mit seinem Sauggreifer nimmt der Roboter die Bipolar­platte auf und hält sie kurz in eine weitere Kamera. Diese scannt die Bipolar­platte von unten ab, erfasst die genauen Abmessungen und erkennt die Beschaffenheit der feinen Strukturen auf der Unterseite – ein wichtiges Qualitätsmerkmal. Dann legt der Roboter die Bipolarplatte auf einem Stapel ab. Zwei Sekunden dauert der gesamte Arbeitsablauf.

Um eine Sekunde zeitversetzt erkennt, greift und legt ein zweiter Roboter Membran-Elektrodeneinheiten ab. Bipolarplatte und Membran-Elektroden­einheiten – aus diesen beiden Schichten besteht eine Brenn­stoffzelle. Über die Bipolarplatte werden Wasserstoff und Sauerstoff eingeleitet. Die beiden chemischen Elemente reagieren in der Membran-Elektroden­einheit miteinander. Weil dabei nur eine Spannung von maximal einem Volt entsteht, müssen für einen Brennstoff­zellenmotor, der beispielsweise einen Lastwagen antreiben soll, ungefähr 400 Brennstoffzellen zu einem Brennstoff­zellenstack gestapelt werden.

Bislang werden Brennstoffzellenstacks manufakturartig gefertigt, also mit viel Handarbeit und entsprechend zeitaufwendig. „Wenn Brennstoffzellen im Schwerlastverkehr den Verbrenner ablösen sollen, müssen sie in industrieller Massenproduktion, weitgehend automatisiert und entsprechend kostengünstig hergestellt werden“, sagt Erwin Groß vom Fraunhofer IPA. Genau das ist dem Forschungsteam vom Fraunhofer IPA und vom Centrum für Digi­talisierung, Führung und Nachhaltigkeit Schwarzwald (Campus Schwarzwald) nun im Projekt „H2FastCell“ gelungen. Pro Sekunde legt das Roboter-Duo eine Bipolarplatte oder Membran-Elektroden­einheit auf dem Brennstoff­zellenstack ab. Ein Stack, der aus 400 einzelnen Brennstoffzellen zusammengesetzt ist, ist also schon nach etwa dreizehn Minuten fertig. Die manuelle Produktion würde dafür ein Vielfaches der Zeit benötigen.

Ein weiteres Kriterium für die industrielle Massenproduktion von Brennstoff­zellenstacks ist Präzision. Denn jede Abweichung – und sei es im Mikrometer­bereich – kann die Leistung des Brennstoff­zellensystems mindern. Deshalb schichten die beiden Roboter parallel zwei Brennstoffzellenstacks auf. Registrieren ihre Kameras bei der Qualitätskontrolle winzige Abweichungen bei Form und Größe, ordnen sie die Bipolarplatte oder Membran- Elektroden­einheit dem jeweils passenden Stack zu. „Mit diesem Best-Fit-Ansatz reduzieren wir den Ausschuss, den Hersteller bisher beklagen“, sagt Friedrich-Wilhelm Speckmann vom Zentrum für Digitalisierte Batteriezellen­produktion am Fraunhofer IPA.

Geschwindigkeit und Präzision stellen besondere Anforderungen an die Hardware der beiden Roboter und den Aufbau der gesamten Zelle. So bestehen die eigens für das Forschungsprojekt entwickelten Sauggreifer aus Karbonfaser-verstärktem Kunststoff, damit die Masse, die beschleunigt und abgebremst werden muss, möglichst gering ist. Um zu verhindern, dass die Roboter oder die Einhausung durch die schnellen Bewegungen in Schwingungen versetzt werden, stabilisiert eine schwere Bodenplatte die Roboterzelle. Denn jede Schwingung beein­trächtigt die Bildgebung und erschwert das präzise Greifen und Ablegen. Aus diesem Grund sind die Kameras separat befestigt und nicht mit der Einhausung verbunden.

Ein digitaler Zwilling dokumentiert die Hochgeschwindigkeitsmontage der Brennstoff­zellenstacks in Echtzeit. Mit diesen Daten lässt sich einerseits simulieren, wie sich die fertigen Stacks später verhalten. Anderseits kann mit den Daten eine Simulation durchgeführt werden, die bei der Qualitätskontrolle der Bipolarplatten und Membran-Elektroden­einheiten zum Einsatz kommt. Die fertige Roboterzelle befindet sich auf einem Versuchsfeld des Campus Schwarzwald in Freudenstadt und soll künftig vor allem kleinen und mittelständischen Unternehmen als Prüfstand dienen, um ihre Produkte zu testen. „Damit haben wir den Grundstein für unser zukünftiges Forschungszentrum für biointelligente Wasserstoff-Kreislauf­wirtschaft im Schwarzwald gelegt“, sagt Stefan Bogenrieder, Geschäftsführer des Campus Schwarzwald. „Wir wollen so die Wasserstoff­technologie gemeinsam mit Unternehmen in Baden-Württemberg für die mobile und stationäre Nutzung als Energieträger nutzbar machen.“

Fh.-IPA / JOL

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