29.01.2021 • Atome und Moleküle

Resonante inelastische Röntgenstreuung schnell ausgewertet

Ergebnisse lassen sich mit neuer Methode noch während des Experiments berechnen.

Die elektronische Struktur von komplexen Molekülen und ihre chemische Reaktivität können mit Hilfe der Methode der resonanten inelastischen Röntgen­streuung, kurz RIXS, an BESSY II untersucht werden. Allerdings erfordert die Auswertung von RIXS-Daten bisher sehr lange Rechen­zeiten. Ein Team an BESSY II hat jetzt ein neues Simulations­verfahren entwickelt, das diese Auswertung stark beschleunigt. Die Ergebnisse können sogar während des Experiments berechnet werden. Messgäste können das Verfahren wie eine Blackbox nutzen.

Abb.: Die elektro­nische Struktur kom­plexer Mole­küle lässt aus...
Abb.: Die elektro­nische Struktur kom­plexer Mole­küle lässt aus RIXS-Daten an BESSY II errechnen. (Bild: M. Künsting, HZB)

Moleküle aus vielen Atomen sind komplexe Gebilde. Die Außen­elektronen verteilen sich auf die unter­schied­lichen Orbitale, und deren Gestalt entscheidet über das chemische Verhalten und die Reaktivität des Moleküls. Experimentell lassen sich Konfi­gu­ration und Besetzung dieser Orbitale durchaus ermitteln. An Synchrotron­quellen mit hoch­brillanter Röntgen­strahlung wie BESSY II steht dafür eine Methode zur Verfügung: Die resonante inelastische Röntgen­streuung. Um von den Messdaten jedoch zu Aussagen über die Orbitale zu kommen, sind aufwändige quanten­chemische Simulationen notwendig, typische Rechen­zeiten für größere Moleküle dauern selbst an Großrechnern Wochen.

„Bisher fanden diese Berechnungen meist im Anschluss an die Messungen statt“, erklärt Vinicius Vaz da Cruz vom Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie. Gemeinsam mit Alexander Föhlisch und Sebastian Eckert hat er jetzt raffiniertes neues Verfahren entwickelt, das die Auswertung um ein Vielfaches beschleunigt.

„Mit unserer Methode dauert es ein paar Minuten und wir brauchen dafür keinen Großrechner, es funktioniert auf dem Desktop­rechner“, sagt Eckert. Die Wissen­schaftler haben das Verfahren an dem Molekül 2-Thiopyridon, getestet, einem Modell­molekül für Protonen­transfer-Prozesse, die in lebenden Zellen und Organismen eine entscheidende Rolle spielen. Die Ergebnisse sind trotz der kurzen Rechenzeit präzise und ziel­führend.

„Das ist ein gewaltiger Fortschritt“, betont Föhlisch. „So können wir vorab bereits viele Optionen durch­spielen und das Molekül sozusagen kennen­lernen. Außerdem ist es mit diesem Verfahren auch möglich, weitaus komplexere Moleküle zu simulieren und die experi­mentell gewonnenen Daten sinnvoll zu inter­pretieren.“ Bereits während der Messung können die Forscher jetzt die Simulationen mitlaufen lassen und gleich sehen, wo es eventuell besonders spannend ist und es sich lohnt, experi­mentell genauer hinzu­schauen.

Das Verfahren stellt eine Erweiterung der weit verbreiteten, höchst effizienten Methode der zeit­ab­hängigen Dichte­funktional­theorie dar, welche um ein Vielfaches schneller Ergebnisse liefert als konven­tio­nelle Methoden zur Simulation von RIXS-Spektren. „Dies lässt uns die Methode weitest­gehend auto­mati­sieren“, sagt Vaz da Cruz. „Für den Nutzer lässt sich das Verfahren wie eine Blackbox benutzen.“

HZB / RK

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