27.03.2024

Perowskit-Solarzellen: Vakuumverfahren kann zur Marktreife führen

Verschiedene Produktionsansätze in Forschung und Industrie – Vergleichsstudie beleuchtet Wege für die Massenproduktion.

Weltweit arbeiten Forschung und Industrie an der Kommerzialisierung der Perowskit-Photovoltaik. In den meisten Forschungslaboren stehen lösungsmittelbasierte Herstellungsverfahren im Fokus, da diese vielseitig und einfach anzuwenden sind. Etablierte Photovoltaikfirmen setzen heute jedoch fast ausschließlich auf Vakuumverfahren zur Abscheidung von hochqualitativen Dünnschichten. Ein internationales Konsortium unter der Leitung des Karlsruher Instituts für Technologie und des National Renewable Energy Laboratory des U.S. Department of Energy hat diese kritische Diskrepanz zwischen Labor und Industrie analysiert. Die Forscher heben hervor: Industriell erprobte Vakuumverfahren könnten mit gewissen Verbesserungen zur schnellen Kommerzialisierung bei den Perowskit-Solarzellen beitragen.

Abb.: Die Perowskit-Photovoltaik verspricht hohe Wirkungsgrade. Forscher des...
Abb.: Die Perowskit-Photovoltaik verspricht hohe Wirkungsgrade. Forscher des KIT und des NREL haben nun unterschiedliche Produktionsansätze analysiert.
Quelle: T. Abzieher, KIT

Perowskit-Silizium-Tandemsolarzellen haben in den vergangenen zehn Jahren eine rasante Entwicklung durchlaufen: In der Forschung konnten Wirkungsgrade von mehr als 33 Prozent erreicht werden. Damit liegen sie bereits heute über den herkömmlichen siliziumbasierten Solarzellen. Die Marktreife steht allerdings noch aus. Eine der Hürden ist die ungeklärte Frage, mit welchem Verfahren sich Perowskit-Solarzellen als Massenprodukt am besten herstellen lassen. Dabei stehen lösungsmittelbasierte Herstellungsverfahren, die in den Laboren weltweit angewandt werden, Dampfphasenabscheidungs-Verfahren im Vakuum gegenüber, die auch heute noch Standard in der Herstellung von Dünnschichten in der Photovoltaik oder bei der Produktion organischer Leuchtdioden sind.

In der Vergleichsstudie zeigten sich große Unterschiede in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit diesen Produktionsverfahren. „98 Prozent aller wissenschaftlichen Studien im Jahr 2022 wurden zu lösungsmittelbasierten Verfahren publiziert“, so Ulrich Paetzold vom KIT. „Vakuumbasierte Verfahren, die sich seit Jahrzehnten in der Industrie bewährt haben und eine Kommerzialisierung der Solarzellen entscheidend voranbringen könnten, werden stiefmütterlich behandelt.“

Bei der lösungsmittelbasierten Herstellung werden Tinten genutzt, in denen organische und anorganische Salze in einem Lösungsmittel gelöst werden. Diese Tinten können dann über verschiedene Drucktechniken auf der Oberfläche eines Substrats abgeschieden werden. Im Gegensatz dazu verwendet die vakuumbasierte Herstellung trockene und lösungsmittelfreie Verfahren. Dabei werden die Materialien in einem Vakuum unter Zufuhr von Wärme sublimiert und auf der Substratoberfläche kondensiert. Prinzipiell ist es auch möglich, beide Verfahren für die Herstellung von Perowskit-Solarzellen zu kombinieren.

In der Studie analysierten die Forscher Vor- und Nachteile beider Methoden. Die bisherige Dominanz der lösungsmittelbasierten Herstellung in der Forschung liegt demnach in der unkomplizierten Handhabung in Laboren, der sehr guten Ergebnisse im Hinblick auf den Wirkungsgrad unter Laborbedingungen und ihren geringen Kosten begründet. Dazu kommt die mögliche skalierbare Rolle-zu-Rolle-Fertigung, also die Endlosabscheidung zwischen zwei Rollen.

Das vakuumbasierte Produktionsverfahren verursacht im Vergleich dazu etwas höhere Investitionskosten und liegt aktuell – legt man die in der Forschung angewandten Verfahren zugrunde – hinsichtlich der Abscheidungsgeschwindigkeit, das heißt dem Produktionsdurchsatz, noch im Hintertreffen. Die Wissenschaftler zeigen jedoch eine Vielzahl von Lösungsansätzen auf und schätzen ab, dass es unter Berücksichtigung von realen Parametern wie Stromkosten, Produktionsertrag, Material-, Stilllegungs- oder Recyclingkosten konkurrenzfähig ist.

Vor allem die gute Wiederholbarkeit der Abscheidung, die einfache Prozesskontrolle, die Verfügbarkeit von industriellem Prozessequipment und die einfache Skalierung der Abscheidung von den kleinen Solarzellenflächen aus dem Labor hin zu anwendungsrelevanten Produktflächen machen das Verfahren demnach hochinteressant für die Kommerzialisierung.  

„Die vakuumbasierte Herstellung schneidet also besser ab als ihr Ruf“, so Tobias Abzieher vom KIT. Somit ist es auch nicht verwunderlich, dass die Forscher ein reges Interesse an vakuumbasierten Verfahren für die Herstellung von Perowskit-Solarzellen vonseiten der Industrie nachweisen konnten – trotz der Diskrepanz im Hinblick auf die hauptsächlich eingesetzte Methode in der Forschung.

Damit vakuumbasierte Verfahren ihre Skalierungseffekte voll ausspielen können, müsse die Herstellungsmethode dennoch weiter verbessert werden, so die Forscher. Unter anderem müsse weiter an der Qualität der Abscheidung geforscht werden, um den Wirkungsgrad noch weiter zu steigern. Zudem gelte es, die Geschwindigkeit der Abscheidung deutlich zu erhöhen. „Vakuumbasierte Herstellungsverfahren sind nicht nur die erste Wahl der Industrie, wenn es darum geht, die Dünnschicht-Technologien zur Marktreife zu bringen“, betont David More vom NREL. „Unsere Analyse zeigt auch, dass die Verfahren wettbewerbsfähig mit lösungsmittelbasierten Ansätzen sind.“

KIT / RK

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