28.10.2021 • Materialwissenschaften

Neutronen durchleuchten Turbinenschaufeln

Testverfahren im Test: Die Teilchen spüren die meisten Defekte in additiv gefertigten Bauteilen auf.

Bei der Herstellung von Turbinen stoßen herkömmliche Verfahren oft an ihre Grenzen. Komplexe Bauteile mit filigranen Strukturen und geschwungene Formen werden daher immer häufiger durch additive Fertigung hergestellt. Um Defekte im Bauteil­inneren zu finden, sind verschiedene Test­verfahren im Einsatz. Ein Forschungsteam der TU München hat jetzt mehrere Verfahren geprüft. Die beste Fehler­erkennung erzielten dabei Neutronen der Forschungs-Neutronen­quelle Heinz-Maier-Leibnitz.

Abb.: Tobias Neuwirth justiert den Aufbau für die...
Abb.: Tobias Neuwirth justiert den Aufbau für die Neutronen-Gitter­inter­fero­metrie am Instru­ment ANTARES in der Forschungs-Neutronen­quelle Heinz-Maier-Leibnitz der TU München. (Bild: B. Ludewig, TUM)

Das Laser-Strahlschmelzen ist ein gängiges additives Fertigungs­verfahren für Turbinen­schaufeln mit Kühlkanälen im Inneren. Dabei schmilzt ein Laser eine dünne Lage Metallpulver an bestimmten Stellen auf. Schicht für Schicht entsteht so das Bauteil in einem Bett aus Pulver. Wie bei einer archäo­logischen Ausgrabung wird das Bauteil anschließend freigelegt, und das übrige Pulver kann für das nächste Bauteil wieder­verwendet werden.

Doch Prozess-Instabilitäten können zu Defekten im Bauteil führen und so die Festigkeit des Bauteils mindern. Typische Defekte sind Poren und Risse. Einzelne Schichten können sich sogar teilweise oder ganz voneinander lösen. Bei sicherheits­relevanten Bauteilen können solche Defekte schwer­wiegende Folgen haben. „Kritische Bauteile müssen wir daher nach dem Herstellungs­prozess untersuchen – und das natürlich zerstörungs­frei“, erklärt Cara Kolb von der TU München.

Für ihre Versuche stellten die Forscher Prüfkörper mit Defekten verschiedener Größe und Tiefenlage her und versuchten, diese mit zerstörungs­freien Prüf­verfahren zu detektieren. Zum Einsatz kamen dabei die aktive Infrarot-Thermo­grafie, Ultraschall, Röntgen-Computer­tomographie und die Neutronen-Gitter­inter­fero­metrie.

An der Forschungs-Neutronen­quelle führte der Tobias Neuwirth die Unter­suchungen am Instrument ANTARES durch. „Wir testen Bauteile mit Neutronen-Gitter­inter­fero­metrie. Dabei beobachten wir orts­auf­ge­löst die Streuung und Absorption von Neutronen. Ändert sich diese, gibt das Aufschluss über die Art und die Größe der Defekte“, erklärt er.

Jedes der getesteten Verfahren hat seine Potenziale und Heraus­forderungen. Neutronen-Gitter­inter­fero­metrie ist zwar aufwändig und teurer als die anderen unter­suchten Test­verfahren, allerdings entdeckt es von allen Verfahren die meisten und die kleinsten Defekte.

„Neutronen können tief in den Werkstoff eindringen und ermöglichen eine hohe Auflösung der inneren Bauteil­struktur. Besonders gut eignen sie sich für Nickel­basis­legierungen, die enorm wichtig sind für die Additive Fertigung von Luft- und Raumfahrt­struktur­komponenten“, lautet das Fazit von Kolb.

TUM / RK

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