12.03.2021 • Energie

Kontaktlos zu hohen Leistungen

Supraleitende Spulen zur kontaktlosen Energieübertragung im Kilowatt-Bereich.

Einem Team um Christoph Utschick und Rudolf Gross von der TU München ist es gelungen, eine Spule aus supra­leitenden Drähten herzu­stellen, die Leistungen von mehr als fünf Kilowatt kontaktlos und ohne große Verluste übertragen kann. Vielfältige Anwendungen in autonomen Industrie­robotern, Medizin­geräten, Fahr­zeugen oder sogar Flug­zeugen sind damit denkbar. Die Forscher mussten ein Problem über­winden: Auch in supra­leitenden Über­tragungs­spulen gibt es geringe Wechsel­strom­verluste. Sie steigen mit zunehmender Über­tragungs­leistung und haben eine fatale Folge: Die Ober­flächen­temperatur in den supra­leitenden Drähten nimmt zu, und die Supra­leitung bricht zusammen.

Abb.: Eine Spule aus supra­leiten­den Drähten kann Leis­tun­gen von mehr...
Abb.: Eine Spule aus supra­leiten­den Drähten kann Leis­tun­gen von mehr als fünf Kilo­watt kon­takt­los und ohne große Ver­luste über­tragen. (Bild: C. Utschick, TUM / Würth Elek­tronik eiSos)

Das Team entwarf daher ein besonderes Spulen­design, bei dem die einzelnen Windungen der Spule durch Abstands­halter vonein­ander getrennt sind. „Durch diesen Trick werden die Wechsel­strom­verluste in der Spule signi­fikant reduziert“, sagt Utschick. „Damit sind Über­tragungs­leistungen bis in den Kilowatt-Bereich erreichbar.“ Den Spulen­durch­messer ihres Proto­typen wählten die Forscher dabei so, dass sie eine höhere Leistungs­dichte erzielten als bei kommer­ziell erhält­lichen Systemen. „Die Grund­idee bei den supra­leitenden Spulen ist es, auf möglichst kleinem Wickel­raum einen möglichst niedrigen Wechsel­strom­wider­stand zu erzielen und somit die reduzierte geometrische Kopplung zu kompen­sieren“, so Utschick.

Hier mussten die Forscher einen prinzipiellen Konflikt über­winden: Machten sie den Abstand zwischen den Windungen der supra­leitenden Spule klein, wurde die Spule zwar sehr kompakt, die Forscher riskierten aber einen Zusammen­bruch der Supra­leitung im Betrieb. Größere Abstände dagegen führen zu einer geringeren Leistungs­dichte. „Den Abstand zwischen den einzelnen Windungen haben wir mithilfe analy­tischer und numerischer Simula­tionen optimiert“, erklärt Utschick. „Er entspricht in etwa der halben Breite des Band­leiters.“ Die Forscher wollen nun daran arbeiten, die über­tragbare Leistung weiter zu erhöhen.

Sollte dies gelingen, sind zahlreiche, überaus interes­sante Einsatz­gebiete denkbar, etwa in Industrie­robotern, autonomen Transport­fahr­zeugen oder medizi­nischen Hightech-Geräten. Sogar elektrische Renn­fahr­zeuge, die dynamisch auf der Strecke geladen werden, oder autonome elektrische Flug­geräte hält Utschick für denkbar. Ein Problem für eine breitere Anwend­bar­keit des Systems muss aller­dings noch gelöst werden: Die Spulen müssen dauerhaft mit flüssigem Stickstoff gekühlt werden. Die verwendeten Kühlgefäße dürfen dabei nicht aus Metall sein. Ansonsten würden sich die Wände der Gefäße im Magnet­feld der Spulen wie bei einem Induktions­herd stark erwärmen. „Maß­ge­schneiderte Kühlsysteme sind aktuell kommer­ziell noch nicht erhältlich. Das erfordert noch umfassende Entwick­lungs­anstren­gungen“, sagt Gross, „die Arbeit stellt jedoch einen großen Fort­schritt für die kontakt­lose Energie­über­tragung großer Leistungen dar.“

TUM / RK

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