15.02.2024

Knorpel aus dem 3D-Drucker

Neuer Ansatz zur Herstellung von künstlichem Gewebe.

Kann man Gewebe im Labor nach einem vorge­gebenen Plan wachsen lassen, zum Beispiel um verletzten Knorpel zu ersetzen? An der TU Wien gelang nun ein wichtiger Schritt in Richtung Ersatzgewebe aus dem Labor. Mittels eines speziellen Präzisions-3D-Druck­verfahrens erzeugt man winzige, poröse Kügelchen aus biologisch verträglichem und abbaubarem Kunststoff, die dann mit Zellen besiedelt werden. Diese Kügelchen kann man dann in beliebiger Geometrie anordnen, die Zellen der unter­schiedlichen Einheiten verbinden sich lückenlos zu einem einheitlichen, lebenden Gewebe. Gerade Knorpelgewebe, mit dem das Konzept nun demonstriert wurde, galt in dieser Hinsicht bisher als besonders heraus­fordernd.

Abb.: Fußballförmige Zell-Käfige können in beliebiger Form zusammengefügt...
Abb.: Fußballförmige Zell-Käfige können in beliebiger Form zusammengefügt werden.
Quelle: TU Wien

„Knorpelzellen aus Stammzellen zu kultivieren, ist dabei gar nicht die größte Heraus­forderung. Das Hauptproblem ist, dass man normaler­weise wenig Kontrolle darüber hat, welche Form das entstehende Gewebe dann annimmt“, sagt Oliver Kopinski-Grünwald vom Institut für Werkstoff­wissenschaften und Werkstoff­technologie der TU Wien. „Das liegt auch daran, dass solche Stammzell­klumpen im Lauf der Zeit ihre Form verändern und oft schrumpfen.“

Um das zu verhindern, arbeitet das Forschungs­team mit einem neuen Ansatz: Mit speziell entwickelten Laser-basierten Präzisions-3D-Druck­systemen werden winzige Käfig-artige Strukturen erzeugt, die wie Mini-Fußbälle aussehen und einen Durchmesser von nur einem Drittel Millimeter haben. Sie dienen als Stütz­struktur und bilden kompakte Bausteine, die man dann zu beliebigen Formen zusammenfügen kann. In diesen fußball­förmigen Mini-Käfigen werden zunächst Stammzellen eingebracht, die das winzige Volumen rasch vollständig füllen. „Wir können auf diese Weise also erstmals zuverlässig Gewebe-Konstrukte erzeugen, in denen die Zellen ganz gleichmäßig verteilt sind und die Zelldichte sehr hoch ist. Mit bisherigen Ansätzen wäre das nicht möglich“, erklärt Aleksandr Ovsianikov, Leiter der Forschungsgruppe 3D Printing and Biofabrication.

Das Team verwendete dafür differenzierte Stammzellen, die schon auf einen bestimmten Gewebetyp festgelegt sind, in diesem Fall auf Knorpel­gewebe. Solche Zellen sind für medizinische Anwen­dungen besonders interessant, doch gerade bei Knorpelzellen gilt das Konstruieren größerer Gewebe als sehr heraus­fordernd. Im Knorpelgewebe bilden die Zellen nämlich eine besonders ausgeprägte extra­zelluläre Matrix, eine geflecht­artige Struktur zwischen den Zellen, die unter­schiedliche Zell­kügelchen oft daran hindert, auf gewünschte Weise miteinander zu verwachsen.

Wenn die 3D-gedruckten porösen Kügelchen auf gewünschte Weise mit Zellen besiedelt sind, kann man die Kügelchen in beliebigen Formen anordnen. Die entscheidende Frage ist nun: Verbinden sich dabei auch die Zellen unterschiedlicher Kügelchen zu einem einheitlichen, homogenen Gewebe? „Genau das konnten wir nun erstmals zeigen“, sagt Kopinski-Grünwald. „Unter dem Mikroskop sieht man ganz klar: Benachbarte Kügelchen verwachsen, die Zellen wandern von einem Kügelchen ins andere und umgekehrt, sie verbinden sich nahtlos und ergeben eine geschlossene Gesamt­struktur ohne Hohlräume – ganz im Gegensatz zu anderen Methoden, die es bisher gab, bei denen sichtbare Schnittstellen zwischen benachbarten Zellklumpen bleiben.“

Die winzigen 3D-gedruckten Stütz­elemente verleihen der Gesamt­struktur mechanische Stabilität, während das Gewebe weiter ausreift. Im Lauf der Zeit bauen sich die Kunststoff­strukturen selbstständig ab. Über einen Zeitraum von Monaten verschwinden sie einfach und lassen das fertig geformte Gewebe in gewünschter Form zurück. Der neue Ansatz ist prinzipiell nicht nur auf Knorpel­gewebe beschränkt, daher könnte man auf diese Weise auch andere größere Gewebe wie z.B. Knochen­gewebe maßschneidern. Auf dem Weg dorthin gibt es allerdings noch einige Aufgaben zu lösen – schließlich müssten für diese Gewebe, anders als in Knorpelgewebe, ab einer gewissen Größe auch Blutgefäße mit eingebaut werden.

„Ein erstes Ziel wäre, kleine maßge­schneiderte Knorpel­gewebsteile zu produzieren, die man nach einer Verletzung in bestehendes Knorpel­material einsetzen kann“, sagt Oliver Kopinski-Grünwald. „Wir konnten nun jedenfalls zeigen, dass unsere Methode zur Herstellung von Knorpel­gewebe mit Hilfe kugel­förmiger Mikro-Gerüsten, prinzipiell funktioniert und gegenüber anderen Techno­logien entscheidende Vorteile hat.

TU Wien / JOL

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