03.12.2021

Holografie in allen Regenbogenfarben

Kombination von Holografie mit Frequenzkämmen bietet ganz neue Möglichkeit.

Die Holografie ist eine Technik der dreidimensionalen Fotographie ohne Linse. Der Film hält ein Lichtfeld als feines Interferenzmuster fest und bei der Betrachtung sieht man das ursprüngliche dreidimensionale Objekt realitätsnah. Jetzt haben Wissenschaftler um Nathalie Picqué am Max-Planck-Institut für Quantenoptik (MPQ) mit Hilfe von optischen Frequenz­kämmen die Holografie weiterentwickelt. Tausend Hologramme in allen Farben des Regenbogens können damit gleichzeitig aufgenommen werden. Zuvor waren Hologramme nur in einer bis maximal drei Farben verfügbar. Durch digitale Verarbeitung liefert jedes Hologramm ein dreidimensionales Bild der Szene, wobei der Fokussierungs­abstand noch beliebig gewählt werden kann. Mit einer Kombination all dieser Hologramme kann man die geometrische Form des dreidimensionalen Objekts mit noch viel höherer Genauigkeit bestimmen. Eine hohe spektrale Auflösung erlaubt gleichzeitig andere Messmethoden. In dem Paper zeigen die Wissenschaftler die molekül­selektive Abbildung einer Wolke aus Ammoniakdampf.

 

Abb.: Bei der digitalen Doppel­kamm­holografie werden so viele Hologramme...
Abb.: Bei der digitalen Doppel­kamm­holografie werden so viele Hologramme erzeugt, wie es Kamm­linien gibt. (Bild: MPQ)

Damit werden Frequenzkämme dreidimensional! Ein optischer Frequenz­kamm­generator sendet eine regelmäßige Folge von kurzen Laserpulsen aus. Das Spektrum besteht aus einer großen Anzahl von exakt gleichmäßig verteilten scharfen Spektral­linien. Solche Frequenz­kämme ermöglichen es, die ungeheuer schnellen Schwingungen einer Lichtwelle mit hoher Präzision zu zählen. Theodor Hänsch, Leiter der Abteilung Laserspektroskopie am MPQ, hat für diese Erfindung 2005 den Nobelpreis für Physik erhalten. Später wurden bei der am MPQ in der Gruppe von Nathalie Picqué entwickelten Technik der „Doppelkamm-Spektroskopie“ alle Spektrallinien eines Frequenzkamms gleichzeitig verwendet, um eine Probe über einen breiten Spektral­bereich abzufragen. Die Kammlinien eines zweiten Lasers mit leicht unterschiedlichem Abstand interferieren dabei auf einem schnellen Photo­detektor, dessen Signal von einem Computer ausgelesen und verarbeitet wird.

Die neue Methode der „hyperspektralen digitalen Holografie“ erweitert diese Interferenz­methode auf die holografische Bildgebung. „Der Aufbau erscheint verblüffend einfach. Es werden lediglich zwei Kamm­generatoren mit leicht unterschiedlichen Puls­wiederhol­raten, ein teilweise durchlässiger Strahl­teiler­spiegel und ein schneller digitaler Kamerasensor ohne Objektiv verwendet“, erklärt Postdoktorand Edoardo Vicentini. Ein 3D-Objekt wird mit einer der Pulsfolgen beleuchtet, und das gestreute Licht wird durch den Strahlteiler auf den Kamerasensor gelenkt.

Die zweite Pulsfolge wird als Referenzstrahl auf denselben Sensor gerichtet. Die Kamera registriert ein räumliches Interferenz­muster, das sich mit der Zeit verändert, da die beiden Laser ihre Pulse mit unterschiedlichem zeitlichem Abstand aussenden. Ein Computer berechnet das Modulations­spektrum des Interferenz­signals für jedes Pixel. Diese Spektren werden in einem Stapel digitaler Hologramme kombiniert, ein Amplituden- und ein Phasen­hologramm für jede Kammlinie.

Bei der traditionellen Holografie wird ein feines Interferenzmuster auf Film aufgezeichnet, und die Beleuchtung dieses Hologramms mit einem Laserstrahl stellt die ursprünglichen Wellenfronten des Objekts durch optische Beugung wieder her. Bei der digitalen Holografie wird die ursprüngliche Szene durch ein Computer­programm rekonstruiert, das diesen Prozess nachahmt. In einem der berichteten Experimente werden zwei Münzen in unterschiedlichem Abstand als Objekte verwendet. Bei der digitalen Rekonstruktion kann der Fokussierungs­abstand so verändert werden, dass eine der beiden Münzen scharf und die andere unscharf erscheint. „Ich war begeistert, als ich ein Matlab-Programm zum Laufen bekam, das unseren Film mit rekonstruierten Bildern relativ schnell produzieren konnte“, berichtet Theodor Hänsch. „Mit einer schnelleren Kamera mit Megapixel-Auflösung kann die Menge der aufgezeichneten Daten jedoch ziemlich groß werden, so dass die Datenverarbeitung zu einer größeren Herausforderung wird.“

Nathalie Picqué, Pionierin der Zweikamm-Spektroskopie, fasst zusammen: „Zweikamm-Interferometer liefern bereits atemberaubende Ergebnisse in der Spektroskopie und im Ranging. Die einzigartige Kombination aus breiter spektraler Bandbreite, langer zeitlicher Kohärenz und Multi-Heterodyn-Auslesung bietet der Holografie leistungs­starke neue Funktionen. Unsere Technik wird wahrscheinlich neue Grenzen in der abtastfreien Wellen­front­rekonstruktion und der dreidimensionalen Messtechnik erobern. Außerdem wird es spannend sein, ihr Potenzial für die Mikroskopie biologischer Proben zu erforschen.“

MPQ / DE
 

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