07.04.2021

Hitzige Skyrmionen

Schnelle Wärmebehandlung durch Lichtblitze optimiert magnetisches Material.

Skyrmionen gelten als vielversprechende Kandidaten für die Informations­speicher der Zukunft. Mit ihrer Hilfe könnten sich eine Daten­speicherung und -verarbeitung von enormer Kapazität umsetzen lassen. Ein Team unter der Federführung des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf (HZDR) hat ein Verfahren zur Herstellung eines speziellen magnetischen Dünnschicht­materials entwickelt, in dem sich solche Magnetwirbel besonders effektiv unterbringen lassen. Eine zentrale Rolle bei der neuen Methode spielt die schlag­artige Erwärmung des Materials durch kurze, sehr helle Licht­blitze. 
 

Abb.: Variieren die Forscher die Leistung der Blitze, können sie das...
Abb.: Variieren die Forscher die Leistung der Blitze, können sie das Verhältnis der unter­schiedlichen Kristall­phasen präzise beeinflussen. (Bild: Juniks / HZDR)

2009 war einem Forschungsteam eine bemerkenswerte Entdeckung gelungen: Die Fachleute fanden heraus, dass sich in Mangansilizid – einer Verbindung aus Mangan und Silizium – winzige magnetische Wirbel bilden können. Seitdem gelten diese Skyrmionen, benannt nach dem britischen Physiker Tony Skyrme, als vielversprechende Kandidaten für künftige Magnet­speicher. Sie lassen sich auf Oberflächen leicht erzeugen und löschen. Außerdem können sie mit einer Größe von einigen Nanometern deutlich kleiner sein als die Magnetbits auf den heutigen Festplatten, die etwa fünfzig Nanometer groß sind.

„Hinzu kommt, dass sich Skyrmionen mit Strom vorteilhafter ansteuern lassen als mit Magnetfeldern, wie es bei den derzeitigen Festplatten geschieht“, erläutert Shengqiang Zhou vom HZDR-Institut für Ionenstrahl­physik und Material­forschung. „Mittels Ansteuern über einen elektrischen Strom erreichen wir eine bessere Skalierbarkeit. Dadurch könnten in Zukunft deutlich dichtere und schnellere Speicher gebaut werden.“ Doch auf dem Weg dahin gibt es noch manche Hürden zu meistern. Reagieren zum Beispiel Silizium und Mangan zu Mangan­silizid-Kristallen, offenbart sich eine ungünstige Eigenschaft: Statt stets eine bestimmte, wohldefinierte Phase zu bilden, können sich beide Elemente zu vielen unterschiedlichen Kristall­phasen zusammentun. Für die Bildung von Skyrmionen eignen sich vor allem dünne Schichten aus einer als B20-Phase bezeichneten Verbindung.

Deren Produktion ist allerdings alles andere als leicht: Bei der Herstellung entsteht bislang unweigerlich auch eine andere, unerwünschte Kristall­phase, MnSi1.7 genannt. Sie erschwert oder unterbindet sogar die Bildung von Skyrmionen. Konkret bildet sich das MnSi1.7 bevorzugt bei niedrigeren Temperaturen und insbesondere dann, wenn sich das Material nur langsam abkühlt. Das Team um Shengqiang Zhou hat nun eine Methode entwickelt, die das verhindert – am Ende bleiben dünne Schichten aus lupenreinem B20-MnSi.

Kernelement des neuen Verfahrens ist eine spezielle Hitze­behandlung. „Es ist ein bisschen so wie bei einem Eierkuchen“, erklärt Zhou. „Damit er wirklich gut schmeckt, sollte er außen knusprig und innen möglichst weich sein.“ Das klappt am besten, wenn der Teig in eine heiße Pfanne gegossen wird: Dann ist er so schnell fertig, dass das Innere schön weich bleibt. Wird der Teig dagegen im Ofen zubereitet, erhitzt er sich viel regelmäßiger und härtet komplett aus – der Eierkuchen ist nur mäßig lecker.

Diese Eierkuchen-Strategie des schnellen, starken Erhitzens nahmen sich die Fachleute zum Vorbild. Das Kalkül: „Wenn wir einen auf einem Silizium­wafer liegenden Manganfilm ganz kurz erhitzen, bringen wir sehr wenig Energie in das Material ein", erklärt Zhou. „Dadurch kann es rasch wieder abkühlen – und zwar so schnell, dass das unerwünschte MnSi1.7 nicht genug Zeit hat sich zu bilden.“ Nur: Wie lässt sich etwas rasant und zugleich kräftig erhitzen? Die Arbeits­gruppe hatte die passende Lösung parat: Helle, intensive Blitze aus weißem Licht sollten die erforderlichen Eigenschaften zeigen.

Derartige Blitze können die Forscher vor Ort am „BlitzLab“ erzeugen, einem auf dem Rossendorfer Campus ansässigen Helmholtz Innovation Lab. Diverse Messreihen bestätigten die Vermutung: „Indem wir die Leistung der Blitze variierten, konnten wir das Verhältnis der unterschiedlichen Kristall­phasen sehr präzise einstellen“, berichtet Shengqiang Zhou. „Bei relativ hohen Leistungen entstanden dann wie erhofft dünne Schichten aus reinem B20-MnSi.“

Die Folge: Die Skyrmionen, die sich in diesen Schichten hervorrufen lassen, sind nun über einen deutlich größeren Temperatur- und Magnetfeld­bereich stabil als zuvor bei diesem Material beobachtet. Zwar dürfte sich Mangan­silizid selber kaum für den praktischen Einsatz eignen – es funktioniert nur bei sehr tiefen Temperaturen. Dafür aber könnte es als wichtiges Modell für andere, praktikablere Materialien dienen. „Bei vielen Verbindungen gibt es das Problem, dass sie unterschiedliche Phasen besitzen“, erläutert Zhou. „Und unser Ansatz könnte in Zukunft helfen, diese Phasen voneinander zu trennen.“

HZDR / DE
 

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