13.02.2020 • Energie

Gebündelte Batterieforschung

EU-Projekt entwickelt Lithium-Ionen-Batterie der nächsten Generation.

Diese Woche fiel offiziell der Startschuss für das europäische Batterie­forschungsprojekt „SeNSE“. Fünf Forschungs­institute und sechs Industrie­unternehmen aus sieben europäischen Ländern suchen in den kommenden vier Jahren gemeinsam nach Lösungen für die Lithium-Ionen-Batterie der nächsten Generation. Als Partner an Bord ist auch die schwedische Firma Northvolt, die in den nächsten Jahren zwei Großproduk­tionsanlagen (Giga­factories) für Fahrzeug­batterien in Europa errichten will. Das Forschungs­projekt wird von Empa-Forscher Corsin Battaglia und seinem Team koordiniert. Die EU fördert SeNSE mit zehn Millionen Euro.

Abb.: Das EU-Projekt SeNSE wird von Ruben-Simon Kühnel, Stephan Fahlbusch und...
Abb.: Das EU-Projekt SeNSE wird von Ruben-Simon Kühnel, Stephan Fahlbusch und Corsin Battaglia von der Empa koordiniert. (Bild: Empa)

Der Bedarf an Antriebs­batterien für Elektroautos wird in den nächsten Jahren dramatisch steigen. Gegenwärtig kommen mehr als neunzig Prozent dieser Akkus aus Asien. Die EU-Kommission hat daher 2017 die „European Battery Alliance“ ins Leben gerufen, um Kompetenz und Fertigungs­kapazitäten dieser Schlüssel­technologie in Europa aufzubauen. Alleine die euro­päische Nachfrage nach Lithium-Ionen Batterien wird zehn bis zwanzig Gigafactories notwendig machen, so schätzen Experten.

Die Forschung im Rahmen des Projekts SeNSE ist Teil der Initiative „European Battery Alliance“ und wird vom EU-Forschungs­förderprogramm Horizon 2020 getragen. Die elf Forschungs­partner – fünf Forschungs­institute und sechs Industrieunternehmen – forschen in ihren Arbei-ten an Lithium-Ionen-Batterien der nächsten Generation – der Generation 3b. Im Unterschied zu aktuellen Antriebs­batterien wird diese nächste Generation eine höhere Energiedichte, sowie eine verbesserte Zellchemie und ein verbessertes Batterie­management besitzen: Statt Anoden aus reinem Graphit werden solche aus Silizium-Graphit-Composites angestrebt. In der Kathode wird der Anteil an kritischem Kobalt weiter gesenkt. Neue Additive in der Elektrolyt­flüssigkeit sowie Schutzschichten sollen die Batterie langsamer altern lassen und mehr Ladezyklen möglich machen. Zu einer längeren Lebensdauer und besseren Schnellade­fähigkeit werden auch neue Sensoren beitragen, die vom Inneren der Batteriezellen her Daten ans Batteriemanagement liefern. Diese Daten sollen ein deutlich verfeinertes Temperatur­management im Vergleich zu heutigen Lithium-Ionen-Zellen erlauben. 

Die Nach­haltigkeit der Generation 3b-Zellen soll die heutige Generation ebenfalls übertreffen: Die Kathode soll ohne den Einsatz von brennbaren und toxischen Lösungs­mitteln hergestellt werden, was die Serienproduktion der Zellen stark vereinfacht und verbilligt. Alle Aspekte der SeNSE-Forschung sind darauf ausgerichtet, die Zellen der nächsten Generation in europäischen Giga­factories herzustellen. Um im Wettbewerb der Zukunft zu bestehen, sind deshalb besonders kostengünstige und Rohstoff sparende Produktions­methoden entscheidend. Auch die Weiterverwendung gealterter Fahrzeug­batterien als stationäre Speicher und schließlich das Recycling der Batterien wird berücksichtigt. Forschungs­partner der Empa, die das Projekt leitet, sind die Westfälische Wilhelms-Universität Münster, das Forschungs­zentrum Jülich, die Coventry University, das Austrian Institute of Technology sowie die Firmen Solvionic, FPT Motoren­forschung, Lithops, Northvolt, Enwires und Huntsman Advanced Materials.

Eine entscheidende Rolle in dem Forschungs­projekt spielt die schwedische Firma Northvolt. Das Unternehmen wurde 2016 von zwei ehemaligen Tesla-Mitarbeitern mitgegründet, die am Bau der Tesla Gigafactory in Nevada beteiligt waren. Northvolt plant derzeit die erste europäische Gigafactory mit einer Fertigungs­kapazität von 32 Gigawattstunden (GWh) pro Jahr, die in Schweden errichtet werden soll. Eine weitere Gigafactory mit 16 GWh Jahres­produktion soll als Joint-Venture mit Volkswagen in Salzgitter entstehen. Zum Vergleich: die Tesla Gigafactory in Nevada produziert nach Angaben des Managements derzeit rund dreißig GWh Batterien pro Jahr.

Experten von Northvolt werden die SeNSE-Forscher mit regel­mäßigen Briefings begleiten. Am Ende des Projekts soll eine Reihe von Batterie­zell-Prototypen entstanden sein. Die Fähigkeiten der Batteriezellen-Generation 3b wird ein Demons­trator mit einer kWh Speicher­kapazität beweisen. Am Schluss soll die entwickelte Fertigungs­technologie in Form von Patenten den Weg in die Industrie finden. Das Forschungs­projekt SeNSE endet nach 48 Monaten im Frühjahr 2024. 

Das Team von Corsin Battaglia an der Empa ist an einem weiteren europäischen Forschungs­projekt beteiligt: Das Projekt namens SOLiDIFY blickt noch weiter in die Zukunft und entwickelt Batterien der über­nächsten Generation – Festkörper-Lithium-Metall-Batterien. Im Unterschied zu heutigen Lithium-Ionen Batterien und denen der Generation 3b werden diese Festkörper­batterien keine flüssigen, feuer­gefährlichen Bestandteile mehr enthalten. Daher sind sie sicherer und resistenter gegen Hitze. Sie können also höhere Leistung abgeben, schneller geladen und entladen werden. 

Diese Batterien der Generation 4b könnte nach Meinung der Experten in etwa zehn Jahren marktreif sein. Sie sollen bei halbem Gewicht und der Hälfte der Baugröße die gleiche Speicher­kapazität liefern wie heutige Lithium-Ionen-Batterien. Auch die Produktions­kosten sollen auf die Hälfte sinken. Neue Elektroden­architekturen sind notwendig, ebenso wie kosten­günstige innovative Flüssig-Produktions­methoden für die Kathode dieser Batterien. Die Anode wird aus metallischem Lithium bestehen. Das Forschungs­projekt SOLiDIFY begann am 1. Januar 2020 und läuft ebenfalls 48 Monate lang.

Empa / JOL

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