29.03.2023 • Energie

Erhöhte Effizienz für solarthermische Kraftwerke

Bessere Wärmeträger und eine isolierende Luftwand verbessern den Ertrag.

Solarthermische Kraftwerke arbeiten umso effizienter, je höher die im Receiver erreichten Temperaturen sind. Auch die konvektiven Wärmeverluste spielen eine große Rolle für den Ertrag. Im Verbund­projekt „HelioGLOW“ adressierte das Fraunhofer-Institut für Solare Energie­systeme ISE gemeinsam mit Industrie­partnern diese Heraus­forderungen: Das Projektteam untersuchte ein neues keramisches Wärme­träger­material inklusive Kraft­werks­konzept sowie eine Luftwand zur thermischen Isolation des Receivers. Dem Trend zu optimierten Produktions­prozessen trägt die Weiter­entwicklung des Stellio-Heliostaten Rechnung. Die Ergebnisse des vom Bundes­ministerium für Wirtschaft und Klima­schutz geförderten Projekts stellt der nun veröffentlichte Abschlus­sbericht vor.

 

Abb.: Das Keramik­material wurde im Außen­teststand des Fraunhofer ISE unter...
Abb.: Das Keramik­material wurde im Außen­teststand des Fraunhofer ISE unter 1000-facher Sonnen­konzentration optisch, thermisch und mechanisch charakterisiert. (Bild: Fh.-ISE)

Konventionelle Solarturmkraftwerke arbeiten mit einer Salzschmelze als Wärme­träger­medium, wobei das Temperatur­limit bei 600 Grad Celsius liegt, da es aufgrund der Korrosivität des Salzes sonst zu Schäden kommt. Im Projekt HelioGLOW setzte das Team dagegen auf einen aus Festkörpern bestehenden Wärmeträger, der eine Erhöhung der Betriebs­temperaturen auf mehr als 1000 Grad Celsius erlaubt und die Effizienz deutlich steigert. Die Wärmeträger werden im konzeptuell erarbeiteten Verfahren ähnlich wie in einem Karussell durch den Receiver gefahren und direkt aufgeheizt. Die Firma Kraftblock GmbH entwickelte dafür neuartige keramische Receiverelemente, deren nicht-korrosives und umwelt­freundliches Material sich durch eine hohe Wärme­speicher­kapazität auszeichnet. Hergestellt in einem Recycling-Verfahren, ist das Keramik­material zudem preisgünstig.

In einem Teststand am Fraunhofer ISE wurde das Material hinsichtlich Temperatur­entwicklung und Stabilität charakterisiert, anschließend im Solar­simulator des IMDEA-Instituts für Energieforschung in Madrid getestet. Anhand der Messergebnisse konnte das Projektteam das Verhalten des Materials unter hoch­konzentrierter Solarstrahlung bewerten. „Das nächste Ziel ist, das Material des Receivers weiterzuentwickeln, sodass die Energie tiefer ins Innere des Körpers geleitet wird“, erklärt Gregor Bern, Gruppenleiter Konzentrierende Systeme und Technologien am Fraunhofer ISE.

Da in dem neuartigen Festkörper-Receiver Strahlungs­empfänger, Wärmeträger und Speicher­material in einer Komponente kombiniert werden, sinken die Kosten für die Errichtung des Kraftwerks. Der Wärme­übertragungs­widerstand und die Fluss­dichte­limitierungen bei konventionellen Rohr-Receivern entfallen. Die erreichten höheren Temperaturen, die auch bei fluktuierender Sonnen­einstrahlung besser gehalten werden, senken die Kosten der solar­thermischen Stromerzeugung ebenfalls.

Ein Problem bei Turmkraftwerken sind die konvektiven Wärme­verluste, die bei hohen Temperaturen und einer starken Konzentration von Sonnenlicht auftreten und die Effizienz verringern. Während die Luft am Receiver Temperaturen über 600 Grad Celsius erreicht, liegt die Temperatur der Umgebungs­luft typischerweise im Bereich um die 30 bis 40 Grad Celsius. Beim Vorbei­strömen am Receiver nimmt die kühlere Luft dessen Wärme auf. Eine Möglichkeit zur Trennung der verschiedenen Luftvolumina sind Quarzglasfenster, die es jedoch nicht in der erforderlichen Größe gibt. Das Fraunhofer ISE testete daher die Idee einer „Luftwand“, die von starken Düsen an der Öffnung des Receivers gebildet wird und zu einer Trennung der Luftvolumina führt.

„Zu dieser Lösung gab es bisher nur Simulationen, aber die Technologie ist bisher noch nie im Kraftwerks­bereich demonstriert worden“, erläutert Moritz Bitterling, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Projektteam des Fraunhofer ISE. In einem mit zirka fünfzig Temperatur­sensoren versehenen Testaufbau im Real­maßstab simulierte das Team mit Heizelementen einen 600 Grad Celsius heißen Receiver. Für das Projekt legte der Industrie­partner Luftwand­technik GmbH eigens ein Luft­wandsystem für die Hoch­temperatur­anwendung aus und installierte es im Receiver­teststand des Fraunhofer ISE in Freiburg. Im Versuchs­aufbau wurden die konvektiven Wärme­verluste mit und ohne Luftwand und die für das Erreichen von 600 Grad Celsius nötige Heiz­leistung gemessen.

Geeignete Betriebsparameter, wie der Winkel der Luftwand-Düsen und die Austritts­geschwindigkeit der Luft, wurden in Kooperation mit der Luftwand­technik GmbH ermittelt. Dadurch konnten die konvektiven Wärme­verluste des Receivers um dreißig Prozent reduziert werden. Die Technologie lässt sich auch in anderen Industrien mit Hoch­temperatur­prozessen einsetzen. Dort kann die Abschottung großer Temperatur­unterschiede, etwa an Hochöfen, Verluste reduzieren. In Nachfolge­projekten wollen die Projektpartner dies erproben.

In der solarthermischen Stromerzeugung geht der Trend zu kleineren Turmkraftwerken. Das Fraunhofer ISE begleitete daher im Rahmen von HelioGLOW die Firma sbp sonne GmbH bei der Weiter­entwicklung ihres Stellio-Heliostaten. Ziel war die weitere Kosten­reduktion durch ein optimiertes Design des Pylons und die Anpassung des Designs an die Anforderungen kleiner Turmkraftwerke. Das Fraunhofer ISE führte Vermessungen am Heliostaten mittels 3D-Laserscanning durch und erprobte das Verfahren für eine schnelle Vermessung von Heliostaten im Feld. Mittels deflektrometrischer Vermessungen von Spiegel­oberflächen im Labor analysierte das Team Verformungs­effekte unter spezifischen Belastungs­szenarien.

Aus allen genannten Komponenten haben die Forscher am Fraunhofer ISE ein Gesamtkonzept erarbeitet, das den Receiver aus Festkörper-Wärmeträger und Luftwand sowie den optimierten Stellio-Heliostaten in ein solarthermisches Kraftwerk integriert. Dafür haben sie untersucht, welcher Kraftwerks­prozess sich am besten für eine Kopplung eignet und wie die Wärme von den Festkörpern an den Kraftwerksprozess übertragen werden kann. Das Gesamt­system wurde im thermo-hydraulischen Simulationstool ColSim CSP modelliert, untersucht und anschließend techno-ökonomisch bewertet. So ließen sich die bestehenden technisch-ökonomischen Modelle erweitert und die optimale Auslegung und Betriebsführung eines Kraftwerks mit den neuen Komponenten ermitteln.

Fh.-ISE / DE

 

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