02.02.2024

Bremer Fallturm öffnet die Türen

Am 11. Februar lädt der Bremer Fallturm alle Interessierten zum Tag der offenen Tür.

Bereits 10.000 Mal wurde im Bremer Fallturm ein Experiment in Schwerelosigkeit versetzt. Zu diesem Anlass veranstaltet das Zentrum für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation (ZARM) der Universität Bremen am 11. Februar 2024 einen Tag der offenen Tür. Große und kleine Entdecker sind eingeladen, nicht nur den Fallturm, sondern auch den GraviTower Bremen Pro, das neue Labor für Forschung in der Schwerelosigkeit, ausgiebig zu erkunden. ZARM-Wissenschaftler erklären unter anderem, wie ein Haus auf dem Mars aussehen könnte und wie es mit Sauerstoff versorgt wird oder warum eine Tankstelle im All so schwer zu realisieren ist. Der Eintritt ist frei.


Abb.: Wissenschaftler und Fallturm-Ingenieure, die beim 10.000sten Experiment...
Abb.: Wissenschaftler und Fallturm-Ingenieure, die beim 10.000sten Experiment dabei waren, feiern den Meilenstein.
Quelle: ZARM, U. Bremen

Anlässlich des OPEN ZARM wird erstmals mehr als nur die Fallturmhalle der Öffentlichkeit zugänglich gemacht: Im Hauptgebäude werden die Schwerelosigkeitslabore vorgestellt, das Kontrollzentrum präsentiert und der Aufbau einzelner Experimente in den Fallkapseln erklärt. In der zweiten Laborhalle können die Gäste das maßstabsgetreue Modell eines Forschungslabors auf dem Mars bestaunen und herausfinden, wie Satelliten im Weltraum manövriert werden können. Wer endlich einmal verstehen will, was schwarze Löcher so besonders macht, ist hier ebenfalls richtig. Darüber hinaus gibt es ein Kinderprogramm mit der Möglichkeit, ein Astronautentraining zu absolvieren. Speziell für Studierende und junge Raumfahrtfans sind Ansprechpartner vor Ort, die über Studien- und Nachwuchsprogramme informieren. Und schließlich: Wer den Fallturm besichtigen oder sich sogar in der Fallturmspitze trauen lassen möchte, erhält an diesem Tag kompetente Antworten auf alle Fragen.

10.000 erfolgreiche Einsätze beweisen, dass am ZARM seit über dreißig Jahren hochprofessionelle Bedingungen für die Forschung in der Schwerelosigkeit geschaffen werden. ZARM-Direktor Professor Marc Avila betont: „Mit dem 10.000sten Experiment haben wir einen Meilenstein erreicht, über den wir uns sehr freuen: dieser Erfolg beruht nicht nur auf der herausragenden Technik, sondern spiegelt auch das Engagement und die Fachkompetenz unseres Teams wider.“ Der Fallturm ermöglicht es Wissenschaftlern aus aller Welt, ohne den teuren und aufwendigen Einsatz von Raketen oder Satelliten, Forschung in der Schwerelosigkeit zu betreiben. „Wir sind stolz darauf, unsere Labore der internationalen Wissenschaft zugänglich zu machen, bahnbrechende Entdeckungen zu ermöglichen und damit die Zukunft der Raumfahrt mitzugestalten“ so Avila.

Bei der 10.000sten Nutzung des Fallturms war ein Experiment zur künstlichen Photosynthese von ZARM-Wissenschaftlerin Katharina Brinkert an Bord, deren Forschungsprojekt vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) gefördert wird. Im Experiment wird untersucht, wie sich in der Schwerelosigkeit mit Hilfe von Magnetismus Sauerstoffblasen aus Wasser herauslösen lassen. Brinkert ist eine von vielen Wissenschaftlern, die den Fallturm Bremen regelmäßig für ihre Forschung nutzen. 2016 führte sie zunächst im Rahmen eines Forschungsaufenthalts bei der Europäischen Weltraumorganisation ihr erstes Fallturmexperiment durch. 2021 wechselte sie dann zum ZARM und arbeitet hier unter anderem an einer Vorrichtung zur Umsetzung der künstlichen Photosynthese, die bisherigen Lebenserhaltungsystemen in vielerlei Hinsicht überlegen ist. „Wie können Sauerstoff, Wasserstoff und andere Chemikalien in der Schwerelosigkeit nachhaltig produziert werden und wie können wir hier auf der Erde davon profitieren? Das sind für uns ganz zentrale Fragestellungen“ so Brinkert.

Die Herausforderungen einer Langzeitmission im Weltraum sind vielfältig, nicht nur in Hinblick auf die Konstruktion leistungsfähiger Raumfahrtzeuge. So beschäftigt sich ein nicht unerheblicher Teil der Explorationsforschung mit der Entwicklung zuverlässiger, effizienter und nachhaltiger Lebenserhaltungssysteme. Denn im Weltraum fehlt fast alles, was der Mensch zum Überleben braucht und auf der Erde wie selbstverständlich vorfindet. Natürlich kann man versuchen, die überlebensnotwendige Versorgung mit Sauerstoff, Energie und Nahrung in ausreichender Menge von der Erde mitzunehmen, aber mit jedem Gramm, das mitgenommen werden muss, steigen auch die Energie- und Transportkosten erheblich.

Bisherige Systeme, wie sie etwa auf der ISS eingesetzt werden, erzeugen Sauerstoff über einen Wasserelektrolysator, der mit Strom erzeugt durch Solarpanele betrieben wird und etwa ein Drittel der gesamten Energie des Lebenserhaltungs- und Kontrollsystems verbraucht. Diese Geräte sind sehr groß, schwer – und fehleranfällig. Am ZARM werden nun photoelektrochemische (PEC) Vorrichtungen erforscht, die Sauerstoff über die künstliche Photosynthese mit Hilfe von direkter Sonneneinstrahlung erzeugen können. Das spart Energie. Außerdem sind sie kleiner, leichter und ihr Design berücksichtigt, dass im Notfall Bauteile vor Ort, also zum Beispiel aus Marsgestein, herstellbar sind. Sie können neben Sauerstoff auch Wasserstoff, Treibstoffe, Düngemittel, Medikamente und weitere Chemikalien produzieren – ideal für den Einsatz im Weltraum.

Auch wenn Brinkerts Team die PEC-Geräte in erster Linie für Raumfahrtmissionen entwickelt, können sie auch auf der Erde für eine nachhaltigere Energieumwandlung eingesetzt werden – und zwar noch einfacher als unter den Bedingungen der Schwerelosigkeit. „Es liegt auf der Hand, dass die Vorbereitung von Weltraummissionen und die Energiewende auf der Erde ähnlichen Herausforderungen unterliegen: Wir müssen Brennstoffe nachhaltiger erzeugen und effizienter nutzen“, sagt Brinkert.

Je nach Einsatzort sind die Bedingungen, unter denen die Geräte funktionieren müssen, sehr unterschiedlich. Auf dem Mond ist die Sonneneinstrahlung durch die Nähe zur Sonne viel stärker als auf dem Mars, wo zusätzliche Geräte zur Konzentration der Sonnenstrahlung notwendig sind, um die PEC-Systeme effizient zu betreiben. In einer neuen Studie stellt Brinkerts Team erstmals einen Bewertungsrahmen für die Effizienz von PEC-Geräten an verschiedenen Orten im Weltraum vor.

ZARM / DE


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