16.03.2021

Establishing Quantum Physics

A. Schirrmacher, M. Eckert, A. Kojevnikov, H. Goenner und G. Castagnetti, The Springer Briefs in the History of Science and Technology 2019/20

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Ein umfangreiches Forschungsprojekt des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte und des Fritz-Haber-Instituts widmete sich von 2002 bis 2012 der Genese und Entwicklung der Quantenphysik. Ziel war es, ein tieferes Verständnis dieser großen Transformation des physikalischen Wissens zu erlangen, die ausgehend von Plancks Quantenhypothese vor allem im Laufe der 1920er-Jahre stattfand. Das Projekt war als eine enge Zusammenarbeit einer großen Gruppe von Forscherinnen und Forschern aus Wissenschaftsgeschichte, -philosophie und Physik konzipiert.

Dabei sollten die an verschiedenen Orten vorhandenen umfangreichen Archivbestände erschlossen werden. Die „Quantenrevolution“ wurde dabei als gemeinschaftliche Anstrengung begriffen, deren Wesen sich nicht ohne weiteres durch einen biographischen Ansatz erfassen lässt, der sich auf einige wenige zentrale Figuren konzentriert. Insbesondere sollten auch die institutionellen und soziokulturellen Dimensionen der Entwicklung der Quantenphysik berücksichtigt werden.

Aus diesem Projekt sind nun vier Veröffentlichungen im Rahmen der „SpringerBriefs in History of Science and Technology“ hervorgegangen, die sich mit den Anfängen der quantenphysikalischen Forschung an den großen europäischen Zentren befassen.

Mit der Geschichte von Arnold Sommerfelds berühmter „Kinderstube der theoretischen Physik“ an der Universität München befasst sich Michael Eckert und demonstriert die zentrale Bedeutung der sich entwickelnden persönlichen und institutionellen Netzwerke für die Entstehung der Quantentheorie.

Die Rolle von Kopenhagen bei der Quantenrevolution, allen voran durch Niels Bohr und sein Institut, wird im Band von Alexei Kojevnikov aus der Perspektive eines frischgebackenen oder aktuellen Doktoranden betrachtet, der gerade eine unsichere akademische Karriere in wirtschaftlich schwierigen Zeiten beginnt. Damit trägt Kojevnikov der Tatsache Rechnung, dass in der Quantenmechanik zwischen 1925 und 1927 mehr als 200 Publikationen auf der ganzen Welt erschienen, die zumeist von jungen Wissenschaftlern unter 30 Jahren, Doktoranden oder Postdoktoranden verfasst wurden.

Hubert Goenner und Giuseppe Castagnetti (Nachruf) befassen sich mit Albert Einsteins Umzug nach Berlin und der Gründung des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Physik unter seiner Leitung. Einsteins Ruf nach Berlin wurde von einer Gruppe prominenter Physiker um Max Planck unterstützt, in der Erwartung, dass Einstein und das Institut die Führung bei der Weiterentwicklung der Quantenphysik in ihrer frühen Phase übernehmen würden. Diese Erwartungen erfüllten sich jedoch nur teilweise.

Arne Schirrmacher wirft ein neues Licht auf Göttingen, dass durch Physiker wie Max Born und Peter Debye sowie den Mathematiker David Hilbert zu einem Mekka der Physik in den 1920er-Jahren wurde. Die Quantenmechanik wurde erstmals 1925 in Göttingen formuliert. Zu den vielfältigen Faktoren, die für die Etablierung der Quantenphysik in Göttingen ausschlaggebend waren, gehörte nicht zuletzt ein neues Verständnis für das Zusammenspiel von Experiment, Theorie und Philosophie.

Zu wünschen wäre, dass diese vier aufschlussreichen Untersuchungen, die sicher auch für einen breiteren Leserkreis außerhalb der wissenschaftshistorischen Community von Interesse sind, in einem einzigen, preisgünstigeren Band veröffentlicht werden.

Alexander Pawlak

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