06.08.2019

Stahl aus dem Pulverbett

Projekt AddSteel macht metallische 3D-Druckverfahren reif für industrielle Anwendung.

Eine besondere Herausforderung für Stahl­hersteller in Deutschland und vor allem im Bundesland NRW ist der anhaltende Umsatz­rückgang in der Branche. Während bisher vor allem Fertigungs­prozesse und Anlagen­technik angepasst wurden, rücken nun zunehmend die zu verarbeitenden Legierungen in den Fokus der Entwickler und Anwender. Innovative Werkstoffe bieten hier neue Potenziale für Wettbewerbs­vorteile.
 

Abb.: Im Projekt AddSteel entsteht aus speziellen, angepassten Legierungen...
Abb.: Im Projekt AddSteel entsteht aus speziellen, angepassten Legierungen Pulver für den metallischen 3D-Druck mit dem LPBF-Verfahren. (Bild: Fh.-ILT)

Nur mit neuen Werkstoffen lassen sich Bauteile herstellen, die die zunehmend komplexeren Anforderungen der Kunden der Stahl­industrie erfüllen, beispielsweise leichte und zugleich crashfeste Karosserie­teile für die Automobil­industrie. Besonders mit Blick auf dieses Ziel kommt das additive Fertigungs­verfahren Laser Powder Bed Fusion (LPBF) ins Spiel, mit dem sich aus digitalen Daten direkt funktions­verbesserte Bauteile herstellen lassen. Der Einstieg in diese Form des metallischen 3D-Drucks bietet den Anwendern außerdem die Chance, das Wertschöpfungsnetzwerk der Stahlverarbeitung nachhaltig zu optimieren.

Das pulverbettbasierte additive Fertigungs­verfahren LPBF haben die Wissenschaftler des Fraunhofer ILT in den letzten Jahren kontinuierlich weiterentwickelt – von einem Verfahren zur Prototypen­herstellung hin zu einem Fertigungs­verfahren für die industrielle Produktion komplexer Bauteile in Kleinserien. Unternehmen aus den Branchen Luft- und Raumfahrt, Turbo­maschinenbau oder Medizin­technik stellen damit bereits komplexe Funktions­bauteile her. Doch ein Manko verhindert nach dem derzeitigen Stand der Technik den 3D-Druck von Einsatz- und Vergütungs­stahl: Geeignete qualifizierte und zertifizierte Werkstoffe für den entsprechenden LPBF-Prozess, mit denen sich prozess­sicher Bauteile ohne Bildung von Rissen und Defekten additiv fertigen lassen, stehen entweder gar nicht oder noch nicht im geforderten Maße für die industrielle Fertigung zur Verfügung.

Mit einer Anpassung der LPBF-Prozessführung und -Anlagentechnik ist es nicht getan, denn bisherige Stahlwerkstoffe sind mit der Zusammensetzung ihrer Legierungen auf die Verarbeitung mit konventionellen Fertigungs­verfahren wie Urformen, Umformen oder Zerspanen ausgelegt. Daher starteten vier Partner am 1. Januar 2019 das NRW-Leitmarkt-Projekt AddSteel: Hierin entwickeln der Anlagen­hersteller SMS group GmbH aus Mönchengladbach, die Deutsche Edelstahl­werke Specialty Steel GmbH & Co. KG aus Krefeld, das Fraunhofer-ILT-Spin-off Aconity GmbH und das Fraunhofer ILT aus Aachen neue, für den LPBF-Prozess maßgeschneiderte Stahl­werkstoffe.

Zur Herstellung eines neuen Stahls bedarf es der richtigen Elemente, der richtigen Kombination und auch der Kreativität der Metallurgen – vor allem, wenn es sich wie hier um eine neue Form der Stahlverarbeitung handelt. Die Projekt­partner setzen in AddSteel auf eine iterative Legierungs­entwicklung in Kombination mit einer systematischen Anpassung der LPBF-Prozessführung und -Anlagen­technik. Anschließend folgt der Bau von Demonstratoren für die Herstellung von neuen Komponenten und Ersatzteilen, mit denen die Leistungs­fähigkeit und Wirtschaftlichkeit getestet und validiert wird.

„Bei der SMS group entstand bereits eine Anlage zum Verdüsen von geeignetem Metallpulver“, berichtet Andreas Vogelpoth, wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Gruppe Laser Powder Bed Fusion und AddSteel-Projektleiter am Fraunhofer ILT. „Das Unternehmen Deutsche Edelstahlwerke Specialty Steel stellt nun die entsprechenden Legierungen zur Verfügung, die das Fraunhofer ILT in Kürze – nach der Weiter­verarbeitung zu Pulver – auf LPBF-Anlagen testet.“

Details zum AddSteel-Projekt erfahren Interessenten auf dem Fraunhofer-Gemeinschafts­stand D51 in Halle 11 auf der formnext 2019. Die Weltleitmesse für Additive Manufacturing und die nächste Generation der intelligenten industriellen Produktion findet vom 19. bis zum 22. November in Frankfurt am Main statt.

Fh.-ILT / DE
 

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