01.02.2022

Exoplanet mit Titanoxid-Atmosphäre

Titanhaltiges Gas absorbiert kurzwellige Strahlung ähnlich wie die Ozonschicht der Erde.

Ein internationales Team mit Forschenden der Universität Bern und der Universität Genf sowie des Nationalen Forschungs­schwerpunkts PlanetS hat die Atmosphäre eines der extremsten bekannten Planeten detailliert analysiert. Die Ergebnisse von diesem heißen, Jupiter-ähnlichen Planeten, der erstmals mit Hilfe des Weltraum­teleskops Cheops charak­terisiert worden war, könnten Astro­nominnen und Astronomen dabei helfen, die Komplexität anderer Exoplaneten zu verstehen – darunter auch die von erd­ähnlichen Planeten.

Abb.: Illustration des Exo­planeten WASP-189b, der außerhalb des...
Abb.: Illustration des Exo­planeten WASP-189b, der außerhalb des Sonnen­systems den Stern HD 133112 umkreist. Er ist einer der heißesten Sterne ist, um die ein Planeten­system bekannt ist. (Bild: B. Prinoth)

In einer neuen Studie zeigt das Forschungs­team unter der Leitung der Universität Lund erstmals, dass auch die Atmosphäre eines der extremsten bekannten Planeten ähnlich ausgeprägte Schichten wie die Erd­atmosphäre aufweisen könnte – wenn auch mit sehr unter­schiedlichen Eigenschaften. WASP-189b ist ein Planet außerhalb unseres eigenen Sonnen­systems, der 322 Lichtjahre von der Erde entfernt ist. Umfang­reiche Beobachtungen im Jahr 2020 ergaben unter anderem, dass der Planet zwanzigmal näher an seinem Wirtsstern ist als die Erde an der Sonne und eine Tages­temperatur von 3200 Grad Celsius aufweist. Neuere Untersuchungen mit dem Harps-Spektro­graphen am La Silla-Obser­vatorium in Chile ermög­lichten den Forschenden nun erstmals einen genaueren Blick auf die Atmosphäre des jupiter­ähnlichen Planeten.

„Wir haben das die Atmosphäre des Planeten durch­dringende Licht des Wirtssterns gemessen. Dabei absorbieren Gase in seiner Atmosphäre einen Teil des Sternenlichts, ähnlich wie Ozon einen Teil des Sonnenlichts in der Erdatmo­sphäre absorbiert, und hinterlassen so ihren charak­teristischen Fingerabdruck. Mit Hilfe von Harps konnten wir die entsprechenden Stoffe der Atmosphäre identi­fizieren“, sagt Bibiana Prinoth, Doktorandin an der Universität Lund. Die Gase, die ihren Fingerabdruck in der Atmosphäre von WASP-189b hinter­lassen haben, enthielten nach Angaben der Forschenden unter anderem Eisen, Chrom, Vanadium, Magnesium und Mangan.

Eine besonders interessante Substanz, die das Team fand, ist ein titan­haltiges Gas: Titanoxid. Während Titanoxid auf der Erde sehr selten ist, könnte es in der Atmosphäre von WASP-189b eine wichtige Rolle spielen – ähnlich derjenigen von Ozon in der Erdatmo­sphäre. „Titanoxid absorbiert kurzwellige Strahlung, wie etwa ultraviolette Strahlung. Seine Entdeckung könnte daher auf eine Schicht in der Atmosphäre von WASP-189b hinweisen, die ähnlich wie die Ozonschicht auf der Erde mit der Sternen­einstrahlung interagiert“, sagt Kevin Heng von der Universität Bern. Tatsächlich fanden die Forschenden Hinweise auf eine solche und andere Schichten auf dem ultra­heißen, jupiter­ähnlichen Planeten. „In unserer Analyse sahen wir, dass die Fingerabdrücke der verschiedenen Gase im Vergleich zu unserer Erwartung leicht verändert waren. Wir glauben, dass starke Winde und andere Prozesse diese Veränderungen hervor­rufen könnten. Und da die Fingerabdrücke der verschiedenen Gase auf unterschiedliche Weise verändert wurden, deutet dies unserer Meinung nach darauf hin, dass sie in verschiedenen Schichten vorkommen – ähnlich wie die Finger­abdrücke von Wasserdampf und Ozon auf der Erde aus der Ferne unterschiedlich verändert erscheinen würden, weil sie meist in verschiedenen atmo­sphärischen Schichten vorkommen“, erklärt Prinoth.

Diese Ergebnisse könnten die Art und Weise verändern, wie Exoplaneten erforscht werden. „In der Vergangenheit sind Astro­nominnen und Astronomen oft davon ausgegangen, dass die Atmosphären von Exoplaneten als eine einheitliche Schicht existieren und haben versucht, sie als solche zu verstehen. Unsere Ergebnisse zeigen aber, dass auch die Atmosphären von intensiv bestrahlten Gasriesen­planeten komplexe drei­dimensionale Strukturen aufweisen“, sagt Jens Hoeijmakers von der Universität Lund. „Wir sind davon überzeugt, dass wir die drei­dimensionale Beschaffenheit der Atmosphären berück­sichtigen müssen, um diese und andere Planetentypen – auch solche, die der Erde ähnlicher sind – vollständig verstehen zu können. Dies erfordert Innovationen bei den Daten­analysetechniken, der Computer­modellierung und der grundlegenden Atmosphären­theorie“, so der Berner Astronom Kevin Heng.

U. Bern / JOL

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