06.03.2024

Auf der Suche nach grünen Magneten

Open Source-Softwareplattform simuliert Eigenschaften neuartiger Materialien.

Magnete sind für viele der heutigen Techno­logien von entscheidender Bedeutung, von den Generatoren in Windturbinen und den Motoren für Elektro­fahrzeuge bis hin zu Computern, Sensoren und Smartphones. Trotz der enormen Bedeutung von Magneten sind die in ihnen enthaltenen seltenen Erden knapp und schwierig abzubauen und zu trennen, so dass ihre Herstellung schwere Umwelt­probleme verursachen kann. Darüber hinaus müssen 98 Prozent dieser in der EU benötigten Rohstoffe importiert werden – ein Aspekt, der erhebliche wirtschaftliche Abhängigkeiten verursacht. Nun haben sich Forschende aus Österreich, Frankreich, Deutschland und Schweden mit zwei großen Technologie­unternehmen zusammengetan, um umwelt­freundlichere Magnete aus nachhaltigen Materialien zu entwickeln.

Abb.: Berechnung magnetischer Domänen in permanenten Magneten.
Abb.: Berechnung magnetischer Domänen in permanenten Magneten.
Quelle: A. Kovacs, U. Krems

Die Wissenschaftler und Wissen­schaftlerinnen richten eine Open-Source-Software­plattform mit fort­schrittlichen Modellierungs­programmen ein, um das Verhalten magnetischer Materialien zu simulieren und sie auf spezifische Anwendungen zuzuschneiden. Die Magnetic Multiscale Modelling Suite (MaMMoS) wird Experimente, Simulationen und künstliche Intelligenz (KI) kombinieren, um innovative magnetische Materialien zu identi­fizieren und zu entwerfen und sie für modernste Geräte und Sensoren zu optimieren. Das auf vier Jahre angelegte Projekt wurde im Januar in Wiener Neustadt, Österreich, gestartet und wird von der Europäischen Union mit sechs Millionen Euro unterstützt.

Das MaMMoS-Projekt könnte die Entwicklungszeit für neuartige dauer­magnetische Werkstoffe erheblich verkürzen, die in Großanwendungen wie der industriellen Auto­matisierung und erneuerbaren Energie­quellen zum Einsatz kommen, aber auch für Smartphones und Sensoren bestimmt sind. Um die Genauigkeit der laufenden Simulationen zu erhöhen, wird die Suite KI-Methoden in den Modellierungs­prozessen einsetzen. Das Projektteam plant, in Zusammenarbeit mit der EU-Magnet-, Automatisierungs- und Sensorindustrie Standards für die Verknüpfung bestehender und künftiger Simulations­software in allen Entwicklungs­stadien zu schaffen – von Erstprinzipien­modellen und Mikromagnetik bis hin zu Simulatoren auf Geräteebene. MaMMoS wird die gemeinsame Nutzung und Wieder­verwendung von Daten durch Forschende und Industrie in den Vordergrund stellen, was es zu einem leicht zugänglichen und gesell­schaftlich wertvollen Softwarepaket macht. 

„Umwelt­freundlichere Dauermagnete sind von größter Bedeutung im Wettlauf um die Bewältigung der aktuellen klimatischen Heraus­forderungen", sagt Projekt­koordinator Thomas Schrefl, Leiter des Zentrums für Simulation und Modellierung an der Universität für Weiterbildung in Krems: „Das Projekt MaMMoS leistet einen Beitrag zum Green New Deal der EU, indem es Methoden entwickelt, um den Einsatz kritischer Rohstoffe in Hoch­leistungs­magneten, die integraler Bestandteil von Elektromotoren und Generatoren sind, zu minimieren.“ Zu den weiteren wissen­schaftlichen Projek­tpartnern gehören das Leibniz-Institut für Festkörper- und Werkstoff­forschung in Dresden, die Universität Uppsala in Schweden und das Centre National de la Recherche Scientifique (CNRS) in Grenoble, Frankreich. Zwei der weltweit bekanntesten deutschen Technologieunternehmen, Siemens und Bosch, werden ein breites Spektrum an industriellem Fachwissen und Forschungs- und Entwicklungs­kapazitäten in die Modellierungs­suite einbringen.

Die teil­nehmenden Institutionen sind auf die Modellierung, Charak­terisierung oder Produktion von magnetischen Materialien auf verschiedenen Längenskalen spezialisiert. MaMMoS soll diese Fülle an Simulations­werkzeugen, Charakterisierungs­methoden und technischem Know-how bündeln, um so die Modellierung eines breiten Spektrums vielver­sprechender Materialien zu unterstützen. „Wir werden das MaMMoS Multiskalen Modellierungs-Framework als Open Source im Internet zur Verfügung stellen“, erklärt Hans Fangohr, der Projektleiter am Max-Planck-Institut für Struktur und Dynamik der Materie. „Durch diese Zugänglichkeit maximieren wir den potenziellen Nutzen der Investition für alle Länder, Industrien und akademische Bereiche und tragen zur dringend notwendigen grünen Revolution bei.“

Letztendlich verspricht MaMMoS, einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung neuartiger magnetischer Materialien zu leisten und dabei zu helfen, viele Magnete aus seltenen Erden zu ersetzen. Die mit den verschiedenen Simulations- und Charakterisierungs­werkzeugen gesammelten Daten werden die Experimente in diesem Gebiet untermauern. Das Projekt als Ganzes stellt einen bedeutenden Schritt nach vorn in der Magnet­forschung dar. Nach seiner vollständigen Einrichtung wird MaMMoS eine Kooperations­plattform mit technologischen Lösungen für den Aufbau einer nachhaltigeren Zukunft bieten – eine Zukunft, in der Technologie und Umwelt­verantwortung Hand in Hand gehen.

MPSD / JOL

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