Die Asteroseismologie untersucht die innere Struktur von Sternen anhand ihrer Eigenschwingungen. Diese globalen Oszillationen treten in einem oder mehreren Resonanzräumen auf und enthalten Informationen über die dort vorliegenden physikalischen Bedingungen. Aus den beobachteten Signaturen der Schwingungen, beispielsweise Variationen der Oberflächenhelligkeit oder der Geschwindigkeit, lassen sich die Bedingungen und damit die stellare Struktur ableiten.
Die Frage, warum und wie Sterne ihre innere Struktur verändern, beschäftigt die Astronomie seit über einem Jahrhundert. Arthur Eddington schrieb 1926 [1]: „Our telescopes may probe farther and farther into the depths of space; but how can we ever obtain certain knowledge of that which is hidden beneath substantial barriers? What appliance can pierce through the outer layers of a star and test the conditions within?“ Zunächst führte dies zu einem allgemeinen Verständnis von Sternen, das weitgehend auf gemessener Temperatur, chemischer Zusammensetzung und der Gravitation an der Oberfläche in Kombination mit mathematischen Modellen beruhte. Die Beobachtungen der sichtbaren äußeren Schichten von Sternen grenzten die Modelle zwar ein, gaben aber keinen Aufschluss über die innere Sternstruktur.
Beim Erforschen des Sterninneren hilft die Asteroseismologie, welche die intrinsischen globalen Schwingungen der Sterne untersucht. Sterne lassen sich in gewisser Weise als Musikinstrumente auffassen. Je nach Form und Größe des Resonanzraumes ändert sich der Klang eines Musikinstruments, etwa einer Posaune. Sterne besitzen ebenfalls natürliche Resonanzen, d. h. stehende Wellen, die in einem Resonanzraum schwingen. Betrachten wir Sterne als Instrumente, so lösen intrinsische Mechanismen die Eigenresonanzen aus: Eine Schicht – in der aufgrund von Druck und Temperatur Eisen oder Helium teilweise ionisiert vorliegen – kann Energie, die vom Kern des Sterns zu seiner Oberfläche fließt, einschließen, bevor diese die Oberfläche erreicht. Dies führt dazu, dass sich der Stern ausdehnt. Dabei wird die teilweise ionisierte Schicht für den Energiefluss wieder durchlässiger, und der Stern zieht sich zusammen [1, 2]. Wirkt dieser sogenannte κ-Mechanismus in einer angemessenen Tiefe des Sterns, so kann er dessen globale Schwingungen wie in einem Resonanzraum antreiben.
Sterne senden allerdings keinen Schall aus – dafür wäre ein Medium zur Wellenausbreitung nötig. Da die Wellen das Sternmaterial komprimieren und ausdehnen, können wir jedoch ihre Auswirkungen sehen, deren Eigenschaften von der inneren Struktur des Sterns abhängen: Im Lauf der Zeit ändern sich Helligkeit oder Geschwindigkeit an der Oberfläche. Diese Variationen können aus photometrischen Daten oder anhand der Doppler-Verschiebung aus spektroskopischen Zeitreihendaten gewonnen werden. Voraussetzung dafür ist eine ausreichende Empfindlichkeit für die Schwingungsamplitude, die von mehreren Größenordnungen von Magnituden bzw. km/s bis zu Mikromagnituden bzw. cm/s reicht. Die Variationen lassen sich aufgrund der Oszillationen messen, wenn einerseits die Beobachtungsfrequenz für die Oszillationsperiode des Sterns geeignet ist. Diese reicht für verschiedene Sterne von Sekunden über Minuten bis hin zu Stunden und Tagen. Andererseits muss die Dauer der Zeitreihe mindestens eine Periode der Oszillationen abdecken und einzelne Frequenzen auflösen, falls mehrere vorhanden sind. Die gemessenen Variationen dienen gewissermaßen als Soundcheck des Sterns, mit dem sich auf die Form und Größe des Resonanzraums schließen lässt. Die zeitlichen Variationen liefern zusätzliche Informationen zu den typischen spektroskopischen und photometrischen Messungen von effektiver Temperatur, Gravitation und chemischer Zusammensetzung an der Sternoberfläche. (...)