Physikdidaktik befasst sich mit dem Lehren und Lernen von Physik und bewegt sich im Spannungsfeld zwischen Physik und Lehr-Lernpsychologie sowie einem Spektrum weiterer Bezugsdisziplinen, etwa der Pädagogik, der Geschichte und Philosophie der Physik oder der Wissenschaftstheorie. Die quantitative Auswertung der im deutschsprachigen Raum entstandenen physikdidaktischen Dissertationen im Rahmen der Initiative „Physikdidaktik – Quo vadis?“ soll zeigen, wie sich die Physikdidaktik als forschende Disziplin entwickelt hat.
Die Fachdidaktik Physik hat sich im deutschsprachigen Raum seit den ersten physikdidaktischen Lehrstühlen in den 1960er-Jahren als wissenschaftliche Forschungsdisziplin entwickelt. Heute gibt es in Deutschland 48 Standorte mit 54 Physikdidaktik-Professuren (Österreich 5 und 5, Schweiz 3 und 3) und zwei fachliche Vereinigungen (FV Didaktik der Physik der DPG seit 1973, Gesellschaft für Didaktik der Chemie und Physik seit 1972).
Das Nachdenken über das Lehren und Lernen von Physik reicht weit zurück. Beispiele sind die „Große Didaktik“ des Comenius [1] im 17. Jahrhundert oder die Lehrplanempfehlungen der Gesellschaft deutscher Naturforscher und Ärzte von 1905 (Meraner Beschlüsse) [2]. Der Sputnik-Schock1) 1957 initiierte im Westen große Bildungsprogramme und beflügelte die physikdidaktische Forschung auch in der Bundesrepublik Deutschland (BRD).2) Die Wirkungen des naturwissenschaftlichen Unterrichts und die Frage nach seiner Verbesserung gerieten in den Fokus des technologischen Wettbewerbs rivalisierender politischer Systeme. Eine der Folgen war 1966 die Gründung des heutigen Leibniz-Instituts für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik (IPN) in Kiel als zentrale Institution für curriculare Entwicklung und Forschung. Dort wurden 1972 die ersten im engeren Sinne physikdidaktischen Promotionen in der BRD abgeschlossen, etwa zum Verständnis der Energieerhaltung [3]. In der DDR gab es bereits 1971 zehn physikdidaktische Dissertationen.
Drei große Forschungsbereiche der Physikdidaktik sind die Entwicklung und Evaluation neuer Unterrichts- und Lehrkonzeptionen, etwa mit digitalen Medien, die empirische Erforschung von Lernvoraussetzungen und Lernprozessen, z. B. von Schülervorstellungen zu physikalischen Grundbegriffen, sowie theoretische Arbeiten beispielsweise zu fachlichen Elementarisierungen und Zielen des Physikunterrichts. (...)