Die Zeitentwicklung isolierter Systeme ist auf kleinsten Skalen durch die Gesetze der Quantenmechanik bestimmt und kann sehr kompliziert ablaufen. Für große Systeme besteht in extrem dynamischen Situationen die Möglichkeit, dass die Zeitentwicklung einfach wird und universelles Verhalten zeigt. Analoge Quantensimulatoren helfen, dies zu untersuchen.
Systeme fernab des Gleichgewichts zeichnen sich durch eine typischerweise komplexe dynamische Entwicklung beobachtbarer Größen aus. Als „einfacher“ Spezialfall besitzen isolierte Quantensysteme eine Dynamik, die nur durch zwei Größen bestimmt wird: den Anfangszustand, z. B. in Form einer Dichtematrix, und den Hamilton-Operator. Daraus lässt sich mithilfe der Schrödinger-Gleichung bzw. der Von-Neumann-Gleichung die Zeitentwicklung bestimmen und so auch die dynamische Entwicklung aller beobachtbaren Größen. Dies erscheint konzeptionell sehr einfach, in der Praxis ist aber eine exakte Berechnung der Dynamik großer Systeme fast unmöglich.
In extremen Situationen kann die Dynamik jedoch einfach bzw. universell werden, beispielsweise im Quark-Gluon-Plasma. Für diesen heißesten Aggregatzustand auf Erden, produziert am CERN, schlägt die Theorie universelle Dynamik vor. Erstmals beobachtet wurde das Phänomen aber 2018 mit ultrakalten Bose-Gasen, dem kältesten Aggregatzustand auf Erden. Diese analogen Quantensimulatoren haben also beim Nachweis geholfen, dass universelle Quantendynamik in einer gegebenen physikalischen Situation auftritt. Im Folgenden wollen wir zunächst die Charakteristika der universellen Quantendynamik detaillierter betrachten.
Auf dem Weg zum Gleichgewicht
Um zu verstehen, was universelle Zeitentwicklung bedeutet, wollen wir uns zuerst einmal anschauen, wie sich eine Situation fernab des Gleichgewichts von einer nahe des Gleichgewichts unterscheidet. Im thermischen Gleichgewicht zeigt ein System keine explizite Zeitentwicklung. Die einzelnen Freiheitsgrade und deren Fluktuationen sind vollständig durch einen Parameter – die Temperatur – bestimmt. Daher folgen die Besetzungszahlen der Energiezustände, welche die Diagonalelemente der Dichtematrix sind, einer Boltzmann-Verteilung. Für den Spezialfall eines Bose-Kondensats ist der energetisch niedrigste Zustand makroskopisch besetzt, und die Besetzung der angeregten Zustände folgt der Bose-Einstein-Verteilung.
Für sehr lange Zeiten entwickeln sich die meisten Quantensysteme hin zu einem (thermischen) Gleichgewichtszustand, selbst wenn sie perfekt isoliert von der Umgebung sind. Wie genau generische isolierte Quantensysteme ein thermisches Gleichgewicht finden können, ist per se eine hochaktuelle Fragestellung. Wir interessieren uns hier speziell für die transiente Zeitentwicklung auf dem Weg zum thermischen Gleichgewicht, bei der universelle Quantendynamik auftreten kann. (...)