Alain Aspect, John F. Clauser und Anton Zeilinger teilen sich den diesjährigen Physik-Nobelpreis für ihre „Experimente mit verschränkten Photonen, welche die Verletzung der Bell-Ungleichungen nachwiesen und den Weg für die Quanteninformationswissenschaft ebneten“.
Erwin Schrödinger prägte mit „Verschränkung“ den Begriff für ein Phänomen der Quantenphysik, das auch heute noch tiefgehende Fragen aufwirft, aber gleichzeitig zu einer der wichtigsten Ressourcen der Quantentechnologie geworden ist [1]. Albert Einstein wies 1935 zusammen mit Boris Podolsky and Nathan Rosen anhand ihres berühmten Gedankenexperiments [2] darauf hin, dass der lokal-realistische Standpunkt der klassischen Physik bei der Verschränkung infrage gestellt wird. Ein möglicher Ausweg wäre es, den Teilchen individuelle Eigenschaften zuzuschreiben, die in „verborgenen Variablen“ definiert sind. Diese Variablen würden das Verhalten bei Messungen steuern und damit den quantenmechanischen Zufall vortäuschen. Allerdings – darauf hat Einstein bereits hingewiesen – wäre für die Beschreibung verschränkter Paare auch eine „spukhafte Fernwirkung“ notwendig, um die Information schneller als mit Lichtgeschwindigkeit zu übermitteln.
John F. Clauser und Stuart Freedman (1944 – 2012) befassten sich Anfang der 1970er-Jahre an der UC Berkeley mit Bells Ideen. In ihrem Experiment [4] werden jeweils die Photonenpaare, die bei einer Zerfallskaskade im Kalzium entstanden, auf einen Polarisator geleitet (parallele Glasplatten unter Brewster-Winkel), der nur eine bestimmte (lineare) Polarisationsrichtung durchlässt. Damit gelang Clauser und Freedman ein Analogon zum Stern-Gerlach-Experiment, mit dem sie zeigen konnten, dass die gemessenen Korrelationen gegen Freedmans Variante der Bell-Ungleichung verstießen und somit einen starken Hinweis dafür lieferten, dass sich die Quantenmechanik nicht durch eine lokale Theorie mit versteckten Variablen (engl.: local hidden-variable (LHV) theory) ersetzen ließ. (...)
Den Weg aus den reinen Gedankenexperimenten wies in den 1960er-Jahren der irische Theoretiker John Stewart Bell [3]. Er entwickelte die nach ihm benannte mathematische Ungleichung, die besagt, dass bei Vorhandensein verborgener Variablen und ohne spukhafte Fernwirkungen die Korrelation zwischen den Ergebnissen von Messungen an einer großen Zahl von Teilchenpaaren niemals einen bestimmten Wert überschreitet. Die Quantenmechanik sagt jedoch voraus, dass die Messergebnisse von verschränkten Teilchenpaaren gegen die Bellsche Ungleichung verstoßen und es daher erlauben, die Gültigkeit lokal-realistischer Konzepte zu überprüfen.