28.09.2017

Zwergplanet ganz groß

Pluto und sein größter Mond Charon weisen spekta­kuläre Land­schaften auf – und wahr­scheinlich einen unter­irdischen Ozean.

Knapp zehn Jahre lang war die Raum­sonde New Horizons unterwegs – um dann mit enormer Geschwin­digkeit an Pluto und seinen Monden vorbei zu düsen und in dieser kurzen Zeit möglichst viel Daten zu sammeln. Die Raumsonde, die den Rekord für die höchste Startge­schwindigkeit hält, holte zunächst Schwung an Jupiter, bevor es weiter Richtung Pluto ging. Der Vorbei­flug an Pluto dauerte nur kurz. In den Tagen vor und nach der kürzesten Annä­herung an Pluto konnte New Horizons insgesamt 400 ver­schiedene Aufnahmen von Pluto und seinen Monden machen. Die Datenüber­tragung dauerte aufgrund der begrenz­ten Sende­stärke der Antennen dennoch rund 15 Monate und war erst im Oktober 2016 abge­schlossen.

Abb.: Die ersten offiziellen Namen von Landschaften auf Pluto, die New Horizons aufgenommen hat. (Bild: NASA / JHUAPL / SwRI / R. Beyer)

Erst vor kurzem hat sich auch die Inter­nationale Astro­nomische Union auf die Namens­gebung von 14 Land­schaften auf Pluto geeinigt, die New Horizons aufge­nommen hat. Ein Forscher­team vom Southwest Research Institute in Boulder und dem NASA Ames Research Center in Moffett Field präsen­tiert nun eine umfas­sende Analyse der Aufnahmen, die einige topo­logische Besonder­heiten bein­halten.

Da Pluto und sein größter Mond Charon – etwa halb so groß wie Pluto – eine gebun­denen Rotation mit einer Periode von 6,4 Erdtagen haben, konnte New Horizons in der Woche vor der größten An­näherung die gesamte sonnen­beschienene Oberfläche der Himmels­körper karto­grafieren. Der Vorbei­flug war allerdings so schnell, dass New Horizons nur eine Seite von Pluto mit hoher Genauig­keit unter­suchen konnte. Dabei gelangen Aufnahmen mit rund achtzig Metern Auflösung. Auch der Radius von Pluto konnte mit 1188 Kilo­metern erstmals in hoher Genauig­keit bestimmt werden.

Die Region unterhalb von 38 Grad süd­licher Breite lag leider im Schatten, da auf der Nordhalb­kugel Sommer herrschte. Dabei zeigte Pluto eine Ver­teilung von Elementen, die vom Breiten­grad abhängt. So traten flüchtige Elemente gehäuft in mitt­leren und hohen Breiten auf, während schwere Elemente die Äquator­region domi­nierten. Die Ober­flächen-Reflek­tivität von Pluto zeigt dabei eine enorme Schwankungs­breite von 0,08 bis 1,0.

Die erstaun­lichste Erkennt­nis von New Horizons ist, dass Pluto einige sehr junge Land­schaften aufweist: ein Anzeichen für tek­tonische Prozesse, die auf so weit von der Sonne ent­fernten Objekten kaum zu erwarten sind. Die interes­santeste Formation sind die Sputnik Planitia: Diese etwa 750 auf 1400 Kilo­meter große Ver­tiefung liegt rund drei bis vier Kilo­meter unter Normal­höhennull. Der Boden besteht aus ver­schiedenen Eis­sorten – vor allem aus Stick­stoff, Methan und Kohlen­monoxid. Er muss geo­logisch sehr jung sein, da er keine sicht­baren Einschlag­krater aufweist. Dies deutet auf ein Alter von weniger als zehn Millionen Jahren hin. Fließ­strukturen weisen auf eine gewisse Mobi­lität dieser Eiskruste hin. Darunter könnte sich sogar ein unter­irdischer Ozean befinden, der für die besondere Struktur der Eis­massen mitsamt ihren Bruch­zonen verant­wortlich ist.

Abb.: Eine Erklärung für die auffällige Topologie auf Pluto könnte ein Einschlag gewesen – in Kombination mit einem unterirdischen Ozean. (Bild: J. Keane)

Als Energie­quelle für einen solchen Ozean unter einem kilometer­dicken Eispanzer kommt nur der Zerfall radio­aktiver Elemente in Plutos Innern in Betracht, da der Zwerg­planet und sein größter Mond Charon gebunden rotieren und die anderen Monde zu klein sind, um merk­liche Gezeiten­kräfte auszuüben. Der Großteil von Plutos Oberfläche ist aller­dings deutlich älter als die Sputnik Planitia.

Die Ober­fläche von Charon ist nicht ganz so viel­seitig wie die von Pluto und mit einem Alter von etwa vier Mil­liarden Jahren sehr alt. Auch Charon besitzt aber einige sehr charak­teristische Landschaften – etwa eine röt­liche Polar­region, deren Färbung vermut­lich auf Tholine zurück­zuführen ist, sowie versunkene Berge und ausge­dehnte Erd­rutsche. Wassereis ist auf Charon überall zu finden, auf Pluto nur in be­stimmten Regionen.

Eine weitere große Über­raschung war die Messung der Atmo­sphäre von Pluto. Die Atmo­sphäre von Pluto ist sehr dünn. Wie Ultra­violett- und Radar­beobachtungen ergaben, erstreckte sich der atmo­sphärische Dunst dennoch bis in eine Höhe von über 200 Kilo­metern. Die Streu­eigen­schaften ergaben, dass diese Partikel vermut­lich fraktale Teilchen sind. Mit nur 69 Kelvin ist die äußere Atmo­sphäre auch rund 30 Kelvin kälter als bislang ange­nommen.

Für New Horizons ist die Reise mit dem Passieren Plutos aber noch lange nicht beendet. Für das Jahr 2019 plant die NASA einen Vorbei­flug am Kuiper-Belt-Objekt 2014 MU69. Dabei soll die Raumsonde bis zu drei Mal näher an diesen Himmels­körper heran­kommen als an Pluto. Wenn alles glatt läuft, wird dies das bislang am wei­testen von der Erde entfernte Treffen einer Raumsonde mit einem massiven Objekt sein. 2014 MU69 besteht aus einem Zwillings­paar von Fels­brocken von zirka zwanzig Kilometern Durch­messer, die sich entweder in geringem Abstand umkreisen oder sogar berühren.

New Horizons wird in der Lage sein, die Ober­fläche dieser Gesteins­brocken mit Hilfe seiner bestauf­lösenden Kamera – dem Long Range Recon­naissance Imager (LORRI) – mit einer Genauig­keit von etwa siebzig Metern zu kartieren. Danach wird die Raumsonde weiter Richtung Kuiper-Gürtel fliegen und in gut 15 Jahren den Terminations­schock der Helio­sphäre erreichen – als dritter aktiver Kund­schafter nach den beiden Voyager-Sonden. Er wird diese aller­dings nicht mehr überholen können. Seine Geschwin­digkeit ist ein ganzes Stück langsamer. Denn New Horizon konnte nur an Jupiter Schwung holen. Die Voyager-Missionen machten sich eine besondere himm­lische Konstel­lation zunutzen, die nur alle 175 Jahre auftritt und bei der Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun der Reihe nach zum Vorbei­flug einluden. Mit Pioneer 10 und 11 sind noch zwei weitere Raum­sonden in den Außen­bereichen des Sonnen­systems unterwegs, der Kontakt zu ihnen ist aber schon vor Jahren abge­brochen.

Dirk Eidemüller

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