27.01.2021 • Quantenphysik

Wie sich komplexe Schwingungen eines Quantensystems vereinfachen

Verteilung von Phononen wandelt sich zu einer Gaußsche Glockenkurve.

Mit einem raffinierten Experiment konnten Forscher zeigen, dass sich in einem ein­dimen­sio­nalen Quanten­system die zunächst komplexe Verteilung von Phononen mit der Zeit in eine einfache Gaußsche Glocken­kurve verwandeln kann. Das Experi­ment fand an der TU Wien statt, während die theore­tischen Über­legungen von einer gemein­samen Forscher­gruppe der FU Berlin und des Helmholtz-Zentrums Berlin für Materi­alien und Energie durch­ge­führt wurden.

Abb.: Die Ver­tei­lung der Phononen ist zu­nächst komplex (obere Kurven)...
Abb.: Die Ver­tei­lung der Phononen ist zu­nächst komplex (obere Kurven) und ver­ein­facht sich mit der Zeit zu einer Gauß­schen Glocken­kurve (untere Kurve; Bild: S. Sotiriadis, FU Berlin)

Die Quantenphysik erlaubt es, Aussagen über das Verhalten verschie­denster Viel­teilchen­systeme auf atomarer Ebene zu treffen. In Quanten­systemen haben viele Parameter keine konkreten Werte, sondern sind über verschiedene Werte mit bestimmten Wahr­schein­lich­keiten verteilt. Oft hat diese Verteilung die Form einer einfachen Gaußschen Glocken­kurve, wie sie auch in klassischen Systemen anzu­treffen ist. Allerdings folgen nicht alle Quanten­systeme diesem einfachen Verhalten und einige können aufgrund von Wechsel­wirkungen von der Gauß­ver­teilung abweichen.

Jens Eisert, Leiter einer Theorie-Gruppe der FU Berlin und des Helmholtz-Zentrums Berlin, hatte die These aufgestellt, dass solche Abweichungen mit der Zeit abklingen und gauß­verteilt werden, sobald die Wechsel­wirkungen reduziert werden. Nun konnte er diese Vermutung experi­mentell unter­mauern. Dazu arbeitete sein Team mit einer Gruppe von Experi­mental­physikern um Jörg Schmied­mayer von der TU Wien zusammen. Schmied­mayer und seine Gruppe präpa­rierten ein Bose-Einstein-Kondensat, ein Quanten­system aus mehreren tausend Rubidium-Atomen, die mit Hilfe von Magnet­feldern in einer quasi ein­dimen­sio­nalen Konfi­gu­ration einge­schlossen und nahe dem absoluten Nullpunkt abgekühlt wurden.

Die Gruppe schuf damit ein synthe­tisches Quanten­system, in dem sich die Verteilung der Phononen besonders scharf beobachten ließ. Die Messdaten bildeten zunächst die komplexe Dynamik der Phononen ab. Doch die Komplexität ging mit der Zeit verloren und die Verteilung nahm die Form einer Gaußschen Glocken­kurve an. „Tatsächlich können wir hier sehen, wie sich mit der Zeit eine Gauß-Verteilung heraus­bildet. Die Natur findet durch ihre physi­ka­lischen Gesetze ganz von selbst eine einfache Lösung“, kommentiert Eisert.

Das Einzigartige an dem durch­ge­führten Experi­ment ist, dass das System im Laufe der Zeit wieder zu der komplexeren Verteilung zurück­schwingt. Die Signaturen des kompli­zierten Zustands tauchen wieder auf. „Wir wissen genau, warum es zurück­schwingt und wovon es abhängt“, erklärt Team-Mitglied Marek Gluza. „Das zeigt uns etwas über die Isolation des Systems, denn die Infor­ma­tion über die Signa­turen hat das System nie verlassen.“

HZB / RK

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