19.05.2020

Viren optisch nachweisen

Mobiler optischer Sensor kann Viren anhand von Oberflächen-Plasmonenresonanzen entdecken.

Aus der seit 2010 bestehenden Kooperation des Leibniz-Instituts für Analytische Wissenschaften (ISAS) und der TU Dortmund könnte eine wirkungs­volle Methode zur Eindämmung des neuartigen Coronavirus entstehen. Mit dem Pamono-Virensensor entwickelten Dortmunder Physiker, Informatiker und Mathematiker ein Instrument, mit dem Analyse­verfahren in Echtzeit und vor Ort durchgeführt werden können. Pamono kann auch außerhalb von Spezial­laboren genutzt werden, um den Infektions­status großer Gruppen, zum Beispiel Flug­hafen­passagiere oder Bewohner ganzer Wohn­siedlungen, zu erfassen. Von Proben­entnahme – messbar sind Speichel, Blut oder auch Abwässer – bis zum Testergebnis vergehen nur wenige Minuten. Durch dieses Mess­verfahren können die Einschleppung, weitere Ausbreitung und das Wieder­auftreten von Viren verhindert werden.
 

Abb.: Der Pamono-Sensor kann Viren sichtbar machen. (Bild: ISAS / TU Dortmund)
Abb.: Der Pamono-Sensor kann Viren sichtbar machen. (Bild: ISAS / TU Dortmund)

Denkbar ist der Einsatz des Pamono-Sensors nun auch bei der Bekämpfung des neuartigen Coronavirus. Dazu arbeiten die Wissenschaftler des ISAS und der TU Dortmund derzeit mit Anti-SARS-CoV-2-Antikörpern, um den Sensor entsprechend auf die Coronaviren vorzubereiten. Denn der Pamono-Sensor funktioniert durch Ausnutzung eines physikalischen Effekts, der eine Brücke zwischen Mikrometer- und Nanometer-Bereich schlägt: Viren – so auch Coronaviren – sind Objekte des Nanometer-Bereichs und damit zu klein, um mit optischen Mikroskopen nachgewiesen zu werden. Mikroskopen fehlt zum direkten Nachweis von Viren die nötige Vergrößerungs­kraft. Der Pamono-Sensor weist Viren hingegen indirekt nach, indem er Veränderungen in der Oberflächen-Plasmonen­resonanz misst, welche die Viren auf dem Sensor verursachen. 

Prinzipiell basiert dies auf der Erkennung von markierungs­freien bio­molekularen Bindungs­reaktionen an einer Gold­oberfläche, in einer mit einer CCD-Kamera aufgenommenen Bild­serie. Obwohl ein Virus als Ursache nur nanometergroß ist, erstreckt sich die Resonanz als Wirkung über den Mikrometer-Bereich. Diese charakteristischen Veränderungen werden durch Bild- und Signal­analyse­verfahren basierend auf speziellen neuronalen Netzwerken ermittelt und erlauben eine Ermittlung unter­schiedlicher viraler Krankheits­erreger mit hoher Detektionsrate in Echtzeit.

„So werden Viren optisch nachweisbar, was einen kostengünstigen, mobil einsetzbaren Sensor und sehr schnelle Tests ermöglicht“, fasst Roland Hergenröder zusammen, der die Projekt­gruppe auf Seiten des ISAS leitet. Er hofft, dass mit der Verfügbarkeit von Anti-SARS-CoV-2-Antikörpern der Pamono-Sensor somit zeitnah auch zum Nachweis des neuartigen Coronavirus eingesetzt werden kann.

Entwickelt wurden Sensor und Analyse-Verfahren in einer Kooperation aus Physikern, Informatikern und Mathematikern des ISAS und der Lehrstühle für Computer­graphik und eingebettete Systeme der TU Dortmund im Rahmen des Sonder­forschungs­bereiches (SFB) 876, Teilprojekt B2 mit dem Namen „Ressourcen-optimierte Echtzeit­analyse stark Artefakt-behafteter Bild­sequenzen zur Detektion von Nanoobjekten". Gefördert wird dieser SFB von der Deutschen Forschungs­gemeinschaft mit insgesamt 25 Millionen Euro. Katharina Morik, Gründerin und Leiterin des Lehrstuhls für künstliche Intelligenz an der Fakultät für Informatik an der TU Dortmund, warb im Jahr 2011 den SFB 876 erfolgreich ein. „Auf den Pamono-Sensor sind wir ohnehin stolz; wenn er nun gegen Corona eingesetzt werden kann, ist das wunderbar“, fasst Morik zusammen. 

ISAS / DE
 

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