07.01.2022

Ufo oder Schmetterling?

Kamerasystem soll mit Hilfe von maschinellem Lernen unbekannte Flugobjekte identifizieren.

Immer wieder sehen Menschen am Himmel eigenartige Leucht­erscheinungen oder andere Phänomene, die sie sich nicht erklären können. „Die meisten dieser Beobachtungen betreffen bekannte Phänomene oder Objekte wie Vögel, Flugzeuge, Satelliten oder Wolken. Bei einem sehr kleinen Anteil bleibt die Ursache aber auch nach intensiver Untersuchung durch Fachleute ungeklärt“, sagt Hakan Kayal, Professor für Raumfahrttechnik an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU).

Abb.: Etwa siebzig Zentimeter hoch ist die Box, die das Kamerasystem SkyCAM-5...
Abb.: Etwa siebzig Zentimeter hoch ist die Box, die das Kamerasystem SkyCAM-5 enthält. (Bild: H. Kayal / U. Würzburg)

Genau diese unbekannten Himmelserscheinungen, die Unidentified Aerial Phenomena (UAP), treiben Hakan Kayal seit Jahren um. Er hat darum an seiner Professur einen speziellen Forschungs­schwerpunkt etabliert: Dort werden technische Systeme entwickelt und betrieben, mit denen sich UAP detektieren, bewerten und analysieren lassen.

Das neueste Produkt dieser Arbeit ist das Kamerasystem SkyCAM-5. Es baut auf vier Vorgängermodellen auf und ist seit Mitte Dezember 2021 auf dem Dach eines Universitäts­gebäudes am Hubland-Campus im Testbetrieb. SkyCAM-5 ist eine Testplattform, die autonom arbeitet. Mit maßgeschneiderten Bildverarbeitungsalgorithmen beobachtet sie kontinuierlich den Himmel. Sie kann dort Objekte, aber auch kurzzeitige Leucht­phänomene wie Blitze oder Meteore erkennen. An diesem System wird der JMU-Professor Algorithmen- und Software-Komponenten zur Detektion von UAP testen und weiterentwickeln.

Um die Zahl von Fehl­detektionen zu verringern, kommen Methoden des maschinellen Lernens zum Einsatz. „Wenn die Kamera bekannte Objekte erfasst, erkennt sie diese mit einem Convolutional Neural Network, klassifiziert sie und legt die entsprechenden Video­sequenzen in einer Datenbank ab“, erklärt Kayal. Das funktioniere sehr gut: SkyCAM-5 hat seit der Aufnahme des Betriebs mehrfach Vögel, Flugzeuge und Hubschrauber korrekt erkannt und eingeordnet. Den Aufwand bei der Auswertung der Kamera­daten verringert das erheblich.

Die SkyCAM soll mit der Zeit immer schlauer werden. Darum wird sie im laufenden Betrieb trainiert. Stuft sie zum Beispiel einen vorbeifliegenden Schmetterling als unbekannt ein, bekommt sie von Menschen­hand beigebracht, dass das Tier mit dem Flatterflug Schmetterling heißt – so wird sie künftig ein Tag­pfauenauge korrekt als Schmetterling klassifizieren. Für einen weiteren Ausbau des UAP-Detektions­systems will Kayal Fördermittel einwerben. Nächster Schritt wäre es, eine zweite SkyCAM-5 neben die erste zu platzieren.

Eine Bewegung am Himmel würde dann nur gespeichert, wenn sie von beiden Kameras gleichzeitig gesehen wird. Mit einem solchen Doppelkamerasystem lassen sich zum Beispiel Sensor­fehler ausschließen, die vereinzelt auftreten können. Der Würzburger Raumfahrt­techniker plant außerdem spezielle Erweiterungen. „Ich möchte das Kamerasystem gern zusätzlich mit Infrarot-Sensoren ausstatten, um den Himmel auch in einem anderen Spektral­bereich beobachten zu können.

Von Vorteil wäre außerdem ein Tracking-System in Form eines nach­führbaren Teleskops, das sich schnell auf bewegliche Objekte ausrichtet, sie heranzoomt und auf ihrem Weg verfolgt.“ Und noch eine Ausbaustufe weiter gäbe es dann sehr viele solcher Doppelkamerasysteme, die deutschland-, europa- oder weltweit verteilt und miteinander vernetzt sind. Mit einer solchen Anordnung könnte man bewegliche Objekte über sehr weite Strecken verfolgen.

U. Würzburg / DE

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