01.02.2023

Terahertz-Strahlung mit Spinwellen gekoppelt

Wichtiger Schritt für die Entwicklung von Spintronik-Anwendungen.

Ein internationales Forschungs­team unter Leitung des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf (HZDR) hat eine neue Methode zur effizienten Kopplung von Terahertz-Wellen mit deutlich kurzwelligeren Spinwellen entwickelt. Diese Experimente klären im Zusammenspiel mit theoretischen Modellen die grund­legenden Mechanismen dieses bisher für unmöglich gehaltenen Prozesses auf. Die Ergebnisse sind ein wichtiger Schritt für die Entwicklung neuartiger, energie­sparender spin­basierter Technologien zur Datenverarbeitung.

Abb.: Eine Terahertz-Lichtwelle wird in einer Probe aus dünnen Metallschichten...
Abb.: Eine Terahertz-Lichtwelle wird in einer Probe aus dünnen Metallschichten in eine Spinwelle umgewandelt. (Bild: Juniks, HZDR)

„Wir konnten hochener­getische Spinwellen durch Terahertz-Licht in einem sandwich­artigen Material­system effizient anregen, das aus zwei wenige Nanometer dünnen Metallfilmen mit einer dazwischen eingelagerten ferro­magnetische Lage besteht“, sagt Sergey Kovalev vom Institut für Strahlenphysik. In ferro­magnetischen Materialien besteht zwischen den Elektronen­spins eine sehr starke Wechselwirkung, und infolge­dessen setzt sich eine lokal begonnene Präzession in Form einer Spinwelle in der gesamten ferro­magnetischen Materialschicht fort. Das ist deshalb interessant, weil eine Spinwelle als Informations­träger genutzt werden kann. Und weil die Spins der Elektronen dabei zwar kreiseln, aber in den betrachteten Ferro­magneten an ihren Plätzen bleiben, fließt kein elektrischer Strom. Anders als in heutigen Computerchips, gibt es in spinbasierten Bauteilen also keine Wärme­verluste durch Ströme.

Praktischer­weise liegen die charak­teristischen Frequenzen der hochenerge­tischen Spinwellen im Terahertz-Bereich. Das ist exakt der Zielbereich für neuartige ultraschnelle Technologien zur Datenübertragung und ‑verarbeitung. Die Kopplung der optischen Terahertz-Technologie mit spin­basierten Bauelementen könnte daher völlig neue und effiziente Konzepte für IT-Technologien ermöglichen. Ähnlich wie die Photonen beim Licht sind die Energien der Spinwellen im Magnonen gequantelt. Magnonen und Terahertz-Photonen besitzen dieselben Energien und sollten daher einfach ineinander umwandelbar sein. Doch auf dem Weg dorthin gibt es ein Problem – die völlig unter­schiedliche Geschwin­digkeit der beiden Wellenphänomene.

Terahertz-Wellen sind als elektro­magnetische Strahlung mit Licht­geschwindigkeit unterwegs, während Spinwellen an die Existenz wechsel­wirkender Spins gebunden sind. Ihre Ausbreitungs­geschwindigkeit ist hunderte Male kleiner als die des Lichts. Und während die Terahertz-Wellen eine Wellenlänge von etwas weniger als einem Millimeter besitzen, liegt sie bei Spinwellen hingegen im Bereich von nur wenigen Nanometern. Die Terahertz-Welle hat dadurch keine Chance, ihre Energie gezielt und direkt an eine viel langsamere Spinwelle zu übertragen. Zur Lösung des Problems haben die Forschenden eine Kombi­nation hauchdünner metallischer Schichten aus Tantal und Platin ausgetüftelt, in deren Mitte sie eine dünne Lage einer ferro­magnetischen Nickel-Eisen-Legierung einlagerten. Diese Material­kombination ist genau darauf abgestimmt, Signale aus der Welt des Lichtes in die Welt der Spins zu übersetzen.

Ihr funktionelles Schicht­material haben die Forscher am HZDR-Institut für Ionenstrahl­physik und Materialforschung entwickelt und hergestellt. Dazu dampften sie schrittweise Metallfilme auf ein dünnes Glas­substrat auf. „Im Experiment haben wir dann die Proben mit intensiven Terahertz-Pulsen beschossen und ihre zeitlich schnell variierende Magne­tisierung mit optischen Laserpulsen gemessen. Dabei fanden wir charak­teristische Schwingungen der Magneti­sierung, auch für Zeitpunkte in denen der anregende Terahertz-Puls gar nicht mehr mit der Probe in Wechselwirkung stand“, erklärt Kovalev. „Wir haben viele Faktoren variiert, wie äußere Magnetfelder und unterschiedliche Material­zusammensetzungen der Lagen, bis wir sicher zeigen konnten, dass es sich tatsächlich um die gesuchten Spinwellen handelt“, sagt Teamkollege Ruslan Salikhov, der an neuen funktionalen magne­tischen Materialien arbeitet.

Für diese Umwandlung einer elektro­magnetischen Welle in eine Spinwelle hat sich das Team eine ganze Reihe verschiedener Quanten­effekte zunutze gemacht. Diese Effekte sorgen bildlich gesprochen dafür, dass Terahertz- und Spinwelle einander verstehen. Zunächst beschleunigt die Terahertz-Strahlung freie Elektronen im Schwermetall, sodass mikroskopische Ströme entstehen können. Diese Ströme werden durch den Spin-Hall-Effekt in Spinströme umgewandelt, die nur eine ganz bestimmte Spin-Ausrichtung aufweisen und somit den resul­tierenden Drall im Ortsraum transportieren können. An den Grenzflächen zwischen Schwermetall und Ferromagnet übt dieser Drall dann ein Drehmoment auf die Spins im Ferromagneten aus. Dieses Drehmoment liefert genau die Störung, die zur Entstehung von Spinwellen führt.

Durch den Vergleich verschiedener Proben konnten die Wissenschaftler nun zeigen, dass das Terahertz-Feld selbst nicht in der Lage ist, unmittelbar Spinwellen zu erzeugen. Erst der Umweg führt zum Erfolg. Damit konnten sie theoretische Vorher­sagen zur Effizienz der Spin-Bahn-Drehmomente auf Piko­sekunden-Zeitskalen bestätigen. Das neue Probensystem funktioniert daher als Terahertz-getriebene Quelle für Spinwellen, die sich prinzipiell leicht in Schaltkreise integrieren ließe. Diese Arbeit ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Nutzung von Terahertz-Technologie in neuartigen Elektronik­komponenten. Gleichzeitig eröffnet die gezeigte Methode neue Möglichkeiten zur berührungs­losen Charak­terisierung spinbasierter Bauteile.

HZDR / JOL

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