04.11.2019

Tauchroboter für Jupitermond Europa

Vollautonomes Unterwasserfahrzeug für eine Mission im Ozean des Eismonds.

Auf der Suche nach Leben in unserem Sonnensystem spielt der Jupitermond Europa eine wichtige Rolle: Unter seiner kilometer­dicken Eisdecke wird ein tiefer Ozean vermutet, der die Grundlage für extra­terrestrisches Leben bieten könnte. Am Robotics Innovation Center des Deutschen Forschungs­zentrums für Künstliche Intelligenz DFKI wird an Konzepten gearbeitet, um den Ozean durch autonome Unterwasser­fahrzeuge zu erforschen. Im Anschlussprojekt zur sicheren Langzeit­navigation des bereits entwickelten Roboter­teams wurde nun mit einem neuen Fahrzeugmodell und einer verbesserten Navigation ein weiterer Schritt in Richtung Realmission getan.

Abb.: Das autonome Unterwasser­fahrzeug Deep­Leng liegt mit geöffneter...
Abb.: Das autonome Unterwasser­fahrzeug Deep­Leng liegt mit geöffneter Hülle in der Unterwasser-Explorations­halle am Robotics Inno­vation Centers des DFKI in Bremen. (Bild: A. Popp, DFKI)

In durchschnittlich 600 Millionen Kilometern Entfernung, unter einer bis zu 15 Kilometer dicken Eisdecke, am Grund eines darunter­liegenden, rund 100 Kilometer tiefen Ozeans – an diesem extremen Ort könnte es zu finden sein. Bei der Suche nach extra­terrestrischem Leben sind die hydrothermalen Quellen, die auf dem Jupitermond Europa vermutet werden, von großem Interesse. Durch das Spenden von Wärme und Mineralien bieten sie einen potentiellen Lebensraum für Organismen – ähnlich wie am Meeresgrund auf der Erde. Um den Ozean auf Europa und die vermuteten Quellen untersuchen zu können, entwickelten die Wissen­schaftler des Robotics Innovation Centers im Projekt Europa-Explorer (EurEx) ein einzigartiges Navigations­konzept für den voll­autonomen Einsatz von Fahrzeugen unter einer geschlossenen Eisdecke.

Im hieran anknüpfenden Projekt EurEx – Sichere Langzeit­navigation (EurEx-SiLaNa) wurde nun durch weitere Forschungs- und Entwicklungs­aktivitäten die Navigations­leistung des Roboter­teams, bestehend aus dem autonomen Unterwasser­fahrzeug (AUV) Leng und dem IceShuttle Teredo, erfolgreich verbessert. Während die Thermal­bohrung zur Durchdringung der kilometer­dicken Eisschicht weiter an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen erforscht wird, überführten die Forscher am DFKI die Technologien des AUV Leng zur Exploration des Ozeans auf Europa in eine neue, verbesserte Version – dem DeepLeng.

Auffällig an dem autonomen Unterwasser­fahrzeug DeepLeng ist vor allem das neue Aussehen: Knapp einen Meter kürzer und sieben Zentimeter breiter ist das torpedoförmige System nun. Neben einer verbes­serten Navigations­fähigkeit, einer vereinfachten Kabelstruktur und einem geringen Wartungs­aufwand bietet DeepLeng zusätzlich ein Nutzlast­kompartment für die Realmission. Hier können beispielsweise ein mikro­biologisches Labor oder ein Probensammler verbaut werden. Um die auftretenden Korrosionsschäden beim ersten AUV aus Aluminium und Edelstahl vorzubeugen, sollte ursprünglich Titan eingesetzt werden. Im Verlauf des Projekts EurEx-SiLaNa wurde jedoch entschieden, Glasdruck­körper und Trennkörper aus Kunststoff einzusetzen. Hierdurch können nicht nur Korrosions­schäden vollständig verhindert, sondern ebenso Material­kosten gespart und ein tieferes Abtauchen ermöglicht werden.

Ein weiteres zentrales Vorhaben des Projekts EurEx-SiLaNa war die Implementierung einer Missions­beschreibungs­sprache. Die Missions­beschreibung des AUVs realisierten die Wissenschaftler ursprünglich, indem sie den Ablauf direkt im Quellcode umsetzten. Dies erforderte jedoch bei jeder Missions­änderung einen System­neustart. Durch ein Missions­management mit einer definierten Missions­beschreibungs­sprache wurde dem nun Abhilfe geschaffen. So können DeepLeng und andere AUVs, die die selbe Software­architektur besitzen, verschiedene Teilfunk­tionalitäten verknüpfen und auf äußere Einflüsse durch eigene Entscheidungen reagieren. Getestet wurde DeepLeng zunächst in der Druckkammer des Robotics Innovation Center, wo die neuen Komponenten einem Druck von bis zu 600 bar ausgesetzt wurden – dies entspricht einer terrestrischen Meerestiefe von rund sechs Kilometern. Auch die Sensorik konnte erweitert und in Feldversuchen erprobt werden: Mit einem Fächer­echolot, der zukünftig in DeepLeng verbaut wird, konnte das autonome Unterwasser­ahrzeug Dagon den Boden des Stadtwaldsees in Bremen erkunden. Da die Software­architektur bei beiden AUVs dieselbe ist, konnten die Technologien und die neue Missions­beschreibungs­sprache problemlos transferiert werden.

Als Fortführung des Projekts Europa Explorer wurde EurEx-SiLaNa mit rund 650.000 Euro vom Projektträger DLR mit Mitteln des Bundes­ministeriums für Wirtschaft und Energie gefördert. Die Forschungs­arbeiten des DFKI Robotics Innovation Center sind Teil der EnEx-Initiative des DLR, in der neben Europa auch an einer möglichen Erforschung des Jupitermonds Encaledus gearbeitet wird. Zur Weiterführung plant das Team um Frank Kirchner ein Folgeprojekt im Frühjahr 2020, im Rahmen dessen DeepLeng fertig­gestellt und unter anderem in Skandinavien unter Eis getestet werden soll.

DFKI / JOL

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