18.08.2021 • Quantenphysik

Suprasolide Quantenmaterie in zwei Dimensionen

Experiment bietet vielfältige Möglichkeiten zur Untersuchung des ausgewöhnlichen Materiezustands.

Quantengase eignen sich sehr gut, um Eigen­schaften der Materie im Detail zu untersuchen. Wissen­schaftler können heute im Labor einzelne Teilchen in extrem stark gekühlten Gaswolken exakt kontrol­lieren und auf diese Weise Effekte sichtbar machen, die in der Alltags­welt nicht beobachtet werden können. So sind die einzelnen Atome in einem Bose-Einstein-Kondensat voll­ständig delokalisiert. Das bedeutet, dass das gleiche Atom zu jedem Zeitpunkt an jedem Punkt innerhalb des Kondensats vorhanden ist. Vor zwei Jahren ist es der Forschungs­gruppe um Francesca Ferlaino von der Uni Innsbruck gelungen, in ultra­kalten Quanten­gasen aus magnetischen Atomen erstmals supra­solide Zustände zu erzeugen.

Abb.: Forscher haben erst­mals ein zwei­dimen­sio­nales supra­solides...
Abb.: Forscher haben erst­mals ein zwei­dimen­sio­nales supra­solides Quanten­gas im Labor reali­siert. (H. Ritsch, IQOQI Inns­bruck)

Die magnetische Wechsel­wirkung bringt die Atome dazu, sich selbst zu Tröpfchen zu organi­sieren und in einem regel­mäßigen Muster anzuordnen. „Normaler­weise würde man denken, dass jedes Atom in einem bestimmten Tröpfchen zu finden ist, ohne Möglich­keit den Ort zu tauschen“, sagt Team-Mitglied Matthew Norcia. „Im supra­soliden Zustand ist jedoch jedes Teilchen über alle Tröpfchen hinweg deloka­li­siert, existiert also gleich­zeitig in jedem Tröpfchen. Im Grunde hat man also ein System mit einer Reihe von Regionen hoher Dichte, die Tröpfchen, die sich alle die gleichen deloka­li­sierten Atome teilen.“ Diese bizarre Formation ermöglicht Effekte wie das reibungs­freie Strömen trotz der Existenz einer räum­lichen Ordnung, also Supra­fluidität.

Bisher wurden supra­solide Zustände in Quanten­gasen immer nur als Anein­ander­reihung von Tröpfchen entlang einer Dimension beobachtet. „In Kooperation mit den beiden Theoretikern Luis Santos von der Uni Hannover und Russell Bisset in Innsbruck haben wir nun dieses Phänomen auf zwei Dimensionen erweitert, wodurch Systeme mit zwei oder mehr Reihen von Tröpfchen entstehen“, erläutert Norcia. Das ist nicht nur ein quanti­ta­tiver Unter­schied, sondern erweitert auch die Forschungs­perspektiven entscheidend.

In einem zwei­dimen­sio­nalen supra­soliden System kann man zum Beispiel unter­suchen, wie sich in der Öffnung zwischen mehrerer beieinander­liegenden Tröpfchen Wirbel bilden. „Diese in der Theorie beschriebenen Wirbel sind bisher noch nicht nach­ge­wiesen worden, stellen aber eine wichtige Folge von Supra­fluidität dar“, blickt Ferlaino bereits in die Zukunft. Das Experi­ment schafft neue Möglich­keiten, die grund­legende Physik dieses faszi­nie­renden Materie­zustands weiter zu unter­suchen.

U. Innsbruck / RK

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