26.07.2022

Supermassives schwarzes Loch beeinflusst Sternbildung

Starke Jets verändern die Bedingungen in interstellaren Wolken.

Ein europäisches Team von Astronomen unter der Leitung von Kalliopi Dasyra von der Nationalen und Kapodistrias-Universität Athen und unter Beteiligung von Thomas Bisbas von der Universität Köln hat mehrere Emissions­linien in Beobach­tungen mit dem Atacama Large Millimeter Array (ALMA) und dem Very Large Telescope (VLT) modelliert, um den Gasdruck sowohl in Gaswolken, die von Jets getroffen werden, als auch in Gaswolken der Umgebung zu messen. Mit diesen erstmaligen Messungen entdeckten sie, dass die Jets den inneren und äußeren Druck der Molekül­wolken auf ihrem Weg erheblich verändern.

Abb.: In der Galaxie IC 5063 breiten sich die Jets innerhalb der Scheibe aus,...
Abb.: In der Galaxie IC 5063 breiten sich die Jets innerhalb der Scheibe aus, wobei sie mit kalten und dichten molekularen Gaswolken in Wechselwirkung treten. (Bild: NASA / ESA / STScI / W.P. Maksym, CfA)

Je nachdem, welcher der beiden Drücke sich am stärksten verändert, sind in derselben Galaxie sowohl eine Verdichtung der Wolken und eine Auslösung der Stern­entstehung als auch eine Auflösung der Wolken und eine Verzögerung der Sternentstehung möglich. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass supermasse­reiche schwarze Löcher, auch wenn sie sich in den Zentren von Galaxien befinden, die Sternentstehung galaxienweit beeinflussen können“, sagt Dasyra und fügt hinzu: „Die Unter­suchung der Auswirkungen von Druckänderungen auf die Stabilität von Wolken war der Schlüssel zum Erfolg dieses Projekts. Sobald sich nur wenige Sterne in einem Wind bilden, ist es normalerweise sehr schwierig, ihr Signal zusätzlich zu den Signalen aller anderen Sterne in der Galaxie, die den Wind beherbergt, zu erkennen.“

Man geht davon aus, dass sich in den Zentren der meisten Galaxien in unserem Universum supermassereiche schwarze Löcher befinden. Wenn Teilchen, die auf diese schwarzen Löcher einfallen, von Magnetfeldern eingefangen werden, können sie nach außen geschleudert werden und sich in Form von gewaltigen und starken Plasmastrahlen weit ins Innere der Galaxien bewegen. Diese Jets verlaufen oft senkrecht zu den galak­tischen Scheiben. In IC 5063, einer 156 Millionen Lichtjahre entfernten Galaxie, breiten sich die Jets jedoch tatsächlich innerhalb der Scheibe aus, wobei sie mit kalten und dichten molekularen Gaswolken in Wechselwirkung treten. Diese Wechselwirkung könnte zu einer Kompression der von den Jets getroffenen Wolken führen, was wiederum zu gravitativen Insta­bilitäten und schließlich zur Stern­entstehung aufgrund der Kondensation des Gases führen könnte.

Für das Experiment nutzte das Team die Emission von Kohlenmonoxid und Formylkationen sowie die vom VLT gelieferte Emission von ionisiertem Schwefel und ionisiertem Stickstoff. Anschließend nutzten sie astro­chemische Algorithmen, um die Umgebungs­bedingungen im Ausfluss und im umgebenden Medium genau zu bestimmen. Diese Umgebungsbedingungen enthalten Informationen über die Stärke der fernen ultra­violetten Strahlung von Sternen, die Geschwindigkeit, mit der relativistische, geladene Teilchen das Gas ionisieren, und die mechanische Energie, die von den Jets auf das Gas übertragen wird. Die Eingrenzung dieser Bedingungen ergab die Dichten und Gast­emperaturen, die für verschiedene Teile dieser Galaxie charakteristisch sind und aus denen sich dann die Drücke ableiten lassen.

„Wir haben viele tausend astrochemische Simulationen durchgeführt, um ein breites Spektrum an Möglichkeiten abzudecken, die in IC 5063 existieren könnten“, sagt Thomas Bisbas von der Universität zu Köln. Eine Herausforderung der Arbeit war es, so viele physikalische Einschränkungen wie möglich für den untersuchten Bereich zu identifizieren, den jeder Parameter haben könnte. „Auf diese Weise konnten wir die optimale Kombination von physikalischen Parametern der Wolken an verschiedenen Orten der Galaxie ermitteln“, so Georgios Filippos Paraschos, Doktorand am Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn. Tatsächlich wurden die Drücke nicht nur für einige wenige Stellen in IC 5063 gemessen. Stattdessen wurden Karten dieser und anderer Größen im Zentrum dieser Galaxie erstellt.

Anhand dieser Karten konnten die Forschenden veran­schaulichen, wie sich die Gaseigenschaften aufgrund der Jetpassage von einem Ort zum anderen verändern. Das Team freut sich nun auf den nächsten großen Schritt in diesem Projekt: den Einsatz des James Webb Weltraumteleskops für weitere Unter­suchungen des Drucks in den äußeren Wolken­schichten, wie er durch das warme H2 gemessen wird. „Wir freuen uns sehr auf die Daten vom James Webb Space Telescope“, so Dasyra, „denn sie werden es uns ermöglichen, die Jet-Wolken-Wechselwirkung mit einer außer­ordentlichen Auflösung zu untersuchen“.

U. Köln / JOL

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