21.09.2009

Strahlung aus dem Speicher

Das Komitee für Forschung mit Synchrotronstrahlung hat Empfehlungen für die Synchrotronforschung in Deutschland ausgegeben.



Physik Journal – Das Komitee für Forschung mit Synchrotronstrahlung hat Empfehlungen für die Synchrotronforschung in Deutschland ausgegeben.

Für die einen ist es ein lästiger Verlusteffekt, für die anderen ein geniales Hilfsmittel: Werden geladene Teilchen z. B. in einem Ring beschleunigt, so strahlen sie tangen­tial nach außen einen Teil ihrer Ener­gie als Synchrotronstrahlung ab. Dadurch ist ein Forschungsgebiet entstanden, das so interdisziplinär ist wie kaum ein anderes. Denn die Synchrotronstrahlung bereichert neben der Physik auch die Chemie, Materialwissenschaften, Medizin, Biologie oder auch die Kunstgeschichte. Sie ist in hoher Brillanz vom Infraroten bis in den harten Röntgenbereich verfügbar und bietet eine hohe Intensität, hohe Energie-, Zeit- und Ortsauflösung. Diese einzigartigen Eigenschaften erlauben es, Proteinstrukturen zu entschlüsseln, chemische Prozesse aufzulösen, Nanostrukturen aufzuklären oder das Wachstum von organischen Schichten zu verfolgen.

Zum zweiten Mal nach 2001hat das Komitee für Forschung mit Synchrotronstrahlung (KFS) Empfehlungen zu diesem wachsenden Forschungsgebiet vorgelegt. Ziel ist es, Synchrotronforschung in Deutschland auf höchstem internationalen Niveau zu ermöglichen (Tab.). „In Europa sind mehrere neue Quellen entstanden, andere befinden sich im Bau. Daher wird es in Zukunft einen gewissen Wettbewerb der Quellenbetreiber um die Nutzer aus ganz Europa geben“, erklärt Ullrich Pietsch, Vorsitzender des KFS. Das Komitee empfiehlt daher, dass sich die einzelnen Facilities stärker untereinander abstimmen und sich auf ihre Stärken besinnen. „Erfolgreich wird derjenige sein, der zu einem guten Messplatz auch die zum geplanten Experiment beste Probenumgebung und Nutzerbetreuung bietet“, führt Pietsch aus. Die Messlatte in puncto Infrastruktur setzt derzeit die European Synchrotron Radiation Facility (ESRF) in Grenoble, die ihren jährlich rund 4000 Wissenschaftlern ideale Rahmenbedingungen bietet. „An diesen Standard muss Deutschland sich anpassen“, rät Ullrich Pietsch.
 

Ein wichtiger Punkt für das KFS ist daher die Verbundforschung, die nach vorherigen Kürzungen in der letzten Förderperiode wieder spürbar angehoben wurde. Die KFS empfiehlt, dieses Förderinstrument stärker auszubauen, weil es für viele Universitätsgruppen den einzigen Weg bietet, neue Experimente an den Synchrotronquellen aufzubauen und durchzuführen. „Dort zu experimentieren ist gerade für Studenten und junge Wissenschaftler ein enorm großer Stimulus, daher ist diese Förderung ganz wesentlich“, sagt Pietsch.

Im Bereich der Freie-Elektronen-Laser (FEL) ist Deutschland dank FLASH und als Sitzland des European-XFEL führend. Auch wenn FELs derzeit nur wenigen Wissenschaftlern Messplätze bieten, haben sie das Potenzial, neue Nutzergruppen zu erschließen. „Zum Beispiel Atom- und Molekülphysiker, die bisher vor allem mit Lasern in Laboren gearbeitet haben, finden hier eine neue Spielwiese“, erklärt Ullrich Pietsch. Das KFS unterstützt daher nachdrücklich das von DESY und Helmholtz-Zentrum Berlin eingebrachte Projekt FLASH II, das die Nutzerkapazität verdoppeln soll. 2009 und 2011 nehmen Freie-Elektronen-Laser in den USA und Japan ihren Betrieb auf. Von den Erfahrungen mit dieser ersten Generation von Röntgen-FELs könne der European-XFEL profitieren.
 

Ein Energy-Recovery-Linac vereint einige der Vorteile eines Linear­beschleunigers mit denen des Speicherrings. Aus diesem Grund unterstützt das KFS nachdrücklich die Aktivitäten des Helmholtz-Zentrums Berlin, unterstützt von ANKA und DESY, eine Machbarkeitsstudie für ein deutsches ERL-Konzept auszuarbeiten. Die Entscheidung, in Berlin den ERL-Prototyp „BERLinPro“ zu realisieren, wird mit besonderem Nachdruck begrüßt. Ullrich Pietsch sieht darin einen zukunftsweisenden Schritt: „Da sollte Deutschland unbedingt mitmischen, denn unsere Stärke ist gerade, dass wir den Nutzern ein breites Spektrum an Quellen bieten.“
 

Maike Pfalz
 


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