08.05.2020

Starke Kopplung über große Distanzen

Laserlicht-Schleife verbindet Membranschwingung mit Spinbewegung.

Erstmals konnten Forscher Quantensysteme über eine größere Distanz stark miteinander koppeln. Dies gelang mit einer neuartigen Methode, bei der eine Laser­licht-Schleife die Systeme verbindet. So können sie nahezu verlustfrei Information austauschen und miteinander wechselwirken. Die neue Methode könnte Anwendungen in Quanten­netzwerken und in der Quanten­sensorik finden.

Abb.: Eine Schleife aus Laserlicht koppelt die Vibrationen einer...
Abb.: Eine Schleife aus Laserlicht koppelt die Vibrationen einer nano­mechanischen Membran an den Spin einer Wolke von Atomen. (Bild: U. Basel)

Quantenzustände zu erzeugen erfordert meist eine starke Wechselwirkung zwischen den beteiligten Systemen, zum Beispiel zwischen mehreren Atomen oder Nano­strukturen. Bisher war eine hinreichend starke Wechselwirkung jedoch auf kurze Distanzen beschränkt: Man platzierte dafür zwei Systeme bei tiefen Temperaturen möglichst nahe beieinander auf demselben Chip oder in derselben Vakuum­kammer, wo sie durch elektro- oder magneto­statische Kräfte miteinander wechselwirken können. Eine Kopplung über größere Distanzen ist jedoch Voraussetzung für verschiedene Anwendungen wie Quanten­netzwerke oder bestimmte Arten von Sensoren.

Physikern um Philipp Treutlein von der Universität Basel und dem Swiss Nanoscience Institute (SNI) ist es nun erstmalig gelungen, eine starke Kopplung von zwei Systemen über eine größere Distanz und durch eine Raum­temperatur-Umgebung hindurch zu erzeugen. In ihrem Experiment verwendeten sie Laserlicht, um die Vibrationen einer hundert Nanometer dünnen Membran und die Bewegung des Spins von Atomen über eine Distanz von einem Meter stark aneinander zu koppeln. Dadurch setzt jede Vibration der Membran auch den Spin der Atome in Bewegung und umgekehrt.

Das Experiment beruht auf einem Konzept, das die Forscher gemeinsam mit dem theo­retischen Physiker Klemens Hammerer von der Universität Hannover entwickelt haben. Dabei wird ein Laserstrahl mehrmals zwischen den beiden Systemen hin und her geschickt. „Das Licht verhält sich dann wie eine mechanische Feder, die zwischen Atomen und Membran gespannt wird und Kräfte zwischen ihnen vermittelt“, sagt Thomas Karg, der die Experimente im Rahmen seiner Doktor­arbeit an der Universität Basel durchgeführt hat. In dieser Schleife aus Laserlicht können die Eigenschaften des Lichts so eingestellt werden, dass keine Information über die Bewegung der beiden Systeme nach draußen gelangt, und somit deren quanten­mechanische Wechsel­wirkung ungestört bleibt. 

Die Forscher konnten dieses Konzept nun erstmals im Experiment realisieren und für eine Reihe von Experimenten verwenden. „Die Kopplung von Quanten­systemen mit Licht ist sehr flexibel und vielseitig einsetzbar“, so Forschungs­leiter Treutlein. „Wir können den Lichtstrahl zwischen den Systemen kontrollieren und so unterschied­lichste Wechsel­wirkungen erzeugen, die beispiels­weise für die Quanten­sensorik von Interesse sind.“ 

Neben der Kopplung von Atomen mit nano­mechanischen Membranen könnte die neue Methode auch in vielen anderen Systemen Verwendung finden, beispiels­weise bei der Kopplung von supra­leitenden Quantenbits oder Spinsystemen in Festkörpern, die für das Quanten­computing erforscht werden. Das neue Verfahren zur licht­induzierten Kopplung könnte solche Systeme zu Quanten­netzwerken für die Infor­mations­verarbeitung und Simu­lation verknüpfen. Treutlein ist überzeugt: „Wir haben hier ein neues und sehr nützliches Werkzeug im Baukasten der Quanten­technologie.“ 

U. Basel / JOL

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