06.05.2005

Sonneneinstrahlung nimmt zu

Wie viel Sonnenstrahlung erreicht die Oberfläche der Erde? Zwei unabhängige Forschungsgruppen sprechen von einer Zunahme seit 1990.




Wie viel Sonnenstrahlung erreicht die Oberfläche der Erde? Zwei unabhängige Forschungsgruppen sprechen von einer Zunahme seit 1990.

Wie viel Sonnenstrahlung erreicht die Oberfläche der Erde? Diese Frage ist von großer Bedeutung für die Klimaforschung, denn die Sonnenstrahlung ist die Energiequelle für das Wetter- und Klimageschehen auf unserem Planeten. Eine Vielzahl von Messungen hat seit den späten 1950er Jahren gezeigt, dass die globale Sonneneinstrahlung abnimmt – bis 1990 etwa um vier bis sechs Prozent, entsprechend 6 bis 9 W/m 2. Im der aktuellen Ausgabe von "Science" veröffentlichen nun zwei Forschungsgruppen unabhängig voneinander Untersuchungen, die eine Umkehr dieses Trends belegen: Seit etwa 1990 hat die globale Sonneneinstrahlung wieder zugenommen.

"Satellitenmessungen der Sonneneinstrahlung an der Erdoberfläche von 1983 bis 1992 deuten auf eine gewisse Abschwächung hin, auf die ab 1992 ein Anstieg folgte", schreiben Rachel Pinker von der University of Maryland und ihre Kollegen. Martin Wild von der ETH Zürich und sein Team bestätigen diese Trendwende mit ihrer Auswertung von Messungen am Erdboden: "Die Abschwächung setzt sich nicht in die 1990er Jahre fort. Stattdessen sehen wir fast überall einen Anstieg seit den späten 1980ern."

Das irdische Klima ergibt sich aus dem globalen Gleichgewicht zwischen der von der Erdoberfläche und -atmosphäre aufgenommenen Sonnenenergie und der als längerwellige Wärmestrahlung wieder ins Weltall abgegebenen Energie. Dieses Gleichgewicht wird durch eine Vielzahl von Faktoren beeinflusst - vom Bewölkungsgrad über die Größe der polaren Eisschilde bis zur Menge an Staub in der Atmosphäre.



Globale Verteilung der jährlichen mittleren Sonneneinstrahlung von 1983 bis 2001. Dunkelblau entspricht 0, gelb 200 und rot 400 W/m 2. (Quelle: Pinker et. al.)

Hinzu kommt seit Anfang des vergangenen Jahrhunderts zunehmend der Einfluss des Menschen. Treibhausgase wie CO 2 und CH 4 sorgen für eine verstärkte Absorption infraroter Strahlung und damit für eine Erwärmung. Andererseits können Aerosole und ein durch menschlichen Einfluss veränderter Bewölkungsgrad die Rückstrahlung (Albedo) der Erde erhöhen und so für eine Abkühlung sorgen. Noch komplizierter wird die Angelegenheit dadurch, dass eine Erwärmung per Treibhauseffekt ebenfalls zu einer Erhöhung des Bewölkungsgrads führen kann und über diese Rückkopplung sowohl die Sonneneinstrahlung als auch die Energieabstrahlung ins All beeinflusst.

Die Komplexität dieser Vorgänge zeigt, wie wichtig zuverlässige Messungen der Sonneneinstrahlung und der Energieabstrahlung sind. Nur so lasse sich der Einfluss der Umweltverschmutzung auf die Klimaentwicklung bestimmen, betonen drei amerikanische Klima- und Atmosphärenforscher in einem begleitenden Übersichtsartikel in "Science". Sie fordern daher einen Ausbau der Möglichkeiten zur Messung der Energiebilanz unseres Planeten - und äußern zugleich die Befürchtung, Budgetkürzungen im Bereich Erdbeobachtung der amerikanischen Raumfahrtbehörde NASA könne die Auswertung und Analyse der von künftigen Satelliten wie CALIPSO und CloudSat gelieferten Daten beeinträchtigen.

Wie unsicher unsere augenblicklichen Erkenntnisse über die irdische Energiebilanz sind, demonstriert ein weiterer Artikel in der aktuellen "Science"-Ausgabe. Dort berichteten Bruce Wielicki vom NASA Langley Research Center und sein Team über Satellitenmessungen in den Jahren 2000 bis 2004, die eine kleine aber signifikante Abnahme der irdischen Albedo zeigen. Dieses Ergebnis steht im Widerspruch zu einer im vergangenen Jahr von "Science" veröffentlichten Untersuchung, die ein Absinken der Albedo von 1984 bis 2000 und einen anschließenden Wiederanstieg des Rückstrahlvermögens gezeigt hat. Weitere und genauere Beobachtungen sind dringend nötig, um diesen Widerspruch aufzuklären.

Rainer Kayser

Weitere Infos:

  • Originalveröffentlichungen:
    M. Wild et al., From Dimming to Brightening: Decadal Changes in Solar Radiation at Earth's Surface, Science 308, 847 (2005).
    R. T. Pinker et al., Do Satellites Detect Trends in Surface Solar Radiation?, Science 308, 850 (2005). 
    B. A. Wielicki et al., Changes in Earth's Albedo Measured by Satellite, Science 308, 825 (2005).
    R. J. Charlson et al., In Search of Balance, Science 308 (2005). 
  • CALIPSO:
    http://www-calipso.larc.nasa.gov 
  • CloudSat:
    http://cloudsat.atmos.colostate.edu 
  • Spezielle Dokumente und Informationen zur Sonneneinstrahlung auf die Erde finden Sie ganz einfach mit der Findemaschine, z. B. mit Hilfe der Kategorieverknüpfung Geophysik+Publikationen.

Weitere Literatur:

  • E. Pallé et al., Changes in Earth’s Reflectance over the Past Two Decades, Science 304, 1299 (2004).

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