05.07.2021 • Energie

Solarer Wasserstoff am Südpol

Thermische Kopplung von Solarzellen und Elektrolyseur von Vorteil.

Wie sich am Südpol mit Sonnen­licht Wasserstoff erzeugen lässt und welche Methode dafür am meisten verspricht, hat nun ein Team vom Helmholtz Zentrum Berlin HZB, der Universität Ulm und der Universität Heidelberg untersucht. Ihr Fazit: In extrem kalten Regionen kann es deutlich effizienter sein, die PV-Module direkt am Elektrolyseur anzubringen, also thermisch zu koppeln. Denn die Abwärme aus den PV-Modulen steigert die Effizienz der Elektrolyse. Die Ergebnisse dieser Studie sind auch für andere kalte Regionen der Erde interessant, zum Beispiel Alaska, Kanada, oder Hochgebirgs­regionen. Dort könnte grüner Wasserstoff fossile Brennstoffe wie Erdöl und Benzin ersetzen.

Abb.: Die Ausbeute an Wasser­stoff steigt, wenn die Solar­zelle thermisch mit...
Abb.: Die Ausbeute an Wasser­stoff steigt, wenn die Solar­zelle thermisch mit dem Elektro­lyseur gekoppelt ist. (Bild: M. Kölbach, HZB)

Als die Umwelt­physikerin Kira Rehfeld von der Universität Heidelberg für ihre Forschung die Antarktis besuchte, fiel ihr dort das intensive Licht auf. „Gerade im Sommer ist es ja immer hell. Diese Sonnen­einstrahlung könnte eigentlich genutzt werden, um die Forschungs­infrastruktur mit Energie zu versorgen“, sagt sie. Aber bisher werden Generatoren, Motoren und Heizungen in diesen entlegenen Regionen meistens mit klima­schädlichen fossilen Brenn­stoffen wie Erdöl oder Benzin betrieben, die mit dem Schiff geliefert werden. Neben den damit verbundenen hohen Kosten sind auch Verschmut­zungen durch kleinste Leckagen ein großes Problem, die das besonders empfindliche Ökosystem bedrohen. Doch fossile Brennstoffe könnten sich durch Wasserstoff ersetzen lassen, der sich zudem sehr gut bei tiefen Tempera­turen speichern lässt.

„Unsere Idee war daher, mithilfe von Solarmodulen vor Ort während des antarktischen Sommers klima­neutralen Wasserstoff zu produzieren, indem man Wasser durch Elektrolyse in Wasserstoff und Sauerstoff aufspaltet“, sagt Matthias May, damals Postdoc am HZB-Institut für Solare Brennstoffe. Rehfeld und May beantragten Fördermittel bei der Volkswagen­stiftung, um zu untersuchen, wie sich auch bei Minustemperaturen mit Sonnenlicht Wasserstoff erzeugen lässt und welche Methode dafür am besten geeignet ist. Denn während Kälte die Effizienz der meisten Solar­module sogar erhöht, kann sie die Effizienz der Elektrolyse deutlich verringern. Matthias May und Moritz Kölbach haben nun zwei unter­schiedliche Ansätze experimentell miteinander verglichen: Einen konventionellen Aufbau, in dem das Photovoltaik-Modul vom Elektrolyse-Behältnis getrennt ist und einen neueren, thermisch gekoppeltem Aufbau, in welchem das Photovoltaik-Modul in engem Kontakt mit der Wand des Elektrolyse­behälters steht, so dass ein Wärmeaustausch stattfindet. Um die antarktischen Bedingungen zu simulieren, besorgte Kölbach einen Gefrierschrank, schnitt ein Fenster in die Tür, das er mit Quarzglas verschloss und bestrahlte das Schrankinnere mit einem Sonnen­simulator. Den Elektrolyse-Behälter füllte er mit dreißigprozentiger Schwefelsäure, die einen Gefrier­punkt um die -35 Grad Celsius besitzt und Strom gut leitet.

Dann baute Kölbach die beiden Versuchszellen auf und führte die Messreihen durch. Im Betrieb zeigte sich, dass die Zelle mit den thermisch gekoppelten PV-Modulen mehr Wasserstoff produ­zierte, da die bestrahlten PV-Module ihre Abwärme direkt an den Elektro­lyseur weitergeben. „Wir konnten die Effizienz sogar noch steigern, indem wir eine zusätzliche thermische Isolierung des Elektrolyseurs einbauten. Dadurch stieg die Elektrolyt­temperatur unter Belichtung von -20 auf bis zu +13,5 Grad Celsius“, sagt Kölbach. Die Ergebnisse dieser Studie bekräftigen, dass thermische gekoppelte Systeme eine potentiell höhere Effizienz besitzen, als thermisch entkoppelte. Ob diese Vorteile wirtschaft­lich genutzt werden können, muss sich aber erst noch zeigen. „Daher wollen wir in der nächsten Phase Proto­typen unter realistischen Bedingungen testen. Das wird sicher spannend und wir suchen hierfür momentan Partner“, sagt Matthias May. 

Nicht nur am Südpol, sondern auch in anderen, extrem kalten und dünn besie­delten Weltregionen könnte vor Ort erzeugter solarer Wasser­stoff eine Option sein, um fossile Brennstoffe zu ersetzen und die damit verbundenen Gefahren für die Umwelt und den CO2-Austoß zu eliminieren. In Frage kommen die Hochalpen, Kanada und Alaska, die Anden sowie die Gebirgs­regionen im Himalaya. „Vielleicht wird solar erzeugter Wasserstoff zuerst in solchen entlegenen Welt­regionen wirt­schaftlich sein“, meint May und erinnert an den Siegeszug der Photovoltaik, der vor rund sechzig Jahren zuerst im Weltraum bei der Versorgung von Satelliten seinen Anfang nahm.

TU Wien / JOL

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