05.03.2020

Skyrmionen und Antiskyrmionen vereint

Bestimmte Materialien können beide Typen magnetischer Wirbel aufweisen.

Durch die drastisch gestiegene Anzahl an elektronischen Geräten hat sich der Bedarf an Speicherplatz in den letzten Jahren dramatisch erhöht. Mit herkömmlichen Speicher-Technologien ist es schwierig geworden, mit dieser Entwicklung Schritt zu halten. Gleichzeitig steht der hohe Energie­verbrauch dieser Technologien – hard disk drives (HDD) und random-access memories (RAM) – einer „grünen Zukunft“ im Weg. Daher werden komplett neue, leistungsfähigere Speicher mit einem geringeren Energie­verbrauch benötigt.
 

Abb.: Schematische Darstellung der Magnetisierung in einer weiter­entwickelten...
Abb.: Schematische Darstellung der Magnetisierung in einer weiter­entwickelten Version des Racetrack-Speichers. Skyrmionen (blau) und Anti­skyrmionen (rot) werden als Bits interpretiert. (Bild: B. Göbel / MLU)

Ein vielversprechendes Konzept ist der magnetische Racetrack-Datenspeicher. Er besteht aus einzelnen nanoskopisch kleinen magnetischen Streifen (Racetracks), in denen die Information über magnetische Nano-Objekte gespeichert ist – zum Beispiel über die Anwesenheit oder die Abwesenheit gleichartiger Objekte an bestimmten Positionen. Ein möglicher Informationsträger ist das magnetische (Anti-)Skyrmion. Es ist ein stabiler Wirbel der Magnetisierung mit einer variablen Größe zwischen Mikrometern und Nanometern. Die einzelnen Objekte können geschrieben, gelöscht, gelesen und mit Strömen bewegt werden. Ein solcher Speicher arbeitet ohne bewegliche Teile. „Indem man mehrere Racetracks übereinander­stapelt, erhöht sich die Speicher­kapazität drastisch verglichen mit solid-state drives (SSD) oder hard disk drives (HDD). Weiterhin arbeitet der Racetrack-Speicher mit einem Bruchteil der Energie herkömmlicher Speicher­einheiten. Er ist wesentlich schneller, kompakter und zuverlässiger“, erklärt Stuart Parkin, Direktor des MPI für Mikrostrukturphysik in Halle und Alexander von Humboldt-Professor an der MLU.

„Skyrmionen und Antiskyrmionen sind entgegengerichtete magnetische Wirbel. Bis vor Kurzem ging man davon aus, dass diese beiden Objekte nur in unterschiedlichen Material­klassen auftreten können”, erklärt Ingrid Mertig vom Institut für Physik der MLU. Das Forschungsteam der Max-Planck-Institute in Halle und Dresden und der MLU hat nun jedoch entdeckt, dass Skyrmionen und Antiskyrmionen unter bestimmten Bedingungen sogar in ein und demselben Material koexistieren können. Börge Göbel, wissenschaftlicher Mitarbeiter in Mertigs Forschungsgruppe, lieferte die theoretische Erklärung für die unerwartete Entdeckung, die von Jagannath Jena aus Parkins Gruppe gemessen wurde. Die verwendeten Materialien, Heusler Verbindungen, wurden von Vivek Kumar in der Gruppe von Claudia Felser am MPI in Dresden hergestellt. 

Skyrmionen und Antiskyrmionen werden üblicherweise in verschiedenen Materialien durch eine magnetische Wechselwirkung stabilisiert, die direkt mit der Struktur des Materials zusammenhängt. In manchen Materialien können nur Skyrmionen auftreten, in anderen Materialien begünstigt diese Wechselwirkung das Auftreten von Antiskyrmionen. Was jedoch bisher übergangen wurde: Die einzelnen Magnete einer Probe interagieren auch über die Dipol-Dipol-Wechselwirkung miteinander. Diese Wechselwirkung begünstigt stets das Entstehen von Skyrmionen, weshalb jedes „Antiskyrmionen-Material“ prinzipiell auch Skyrmionen aufweisen kann – jedoch nicht umgekehrt. Das passiert vor allem bei niedrigen Temperaturen. Bei einer kritischen Übergangs­temperatur können Skyrmionen und Antiskyrmionen sogar koexistieren.

Neben ihrer fundamentalen Relevanz ist diese Entdeckung für die Weiterentwicklung des Racetrack-Speichers bedeutsam. Eine Bit-Sequenz könnte als eine Folge von Skyrmionen („1“-Bit) und Antiskyrmionen („0“-Bit) gebildet werden. Verglichen mit einem herkömmlichen Racetrack-Speicher verspricht dieses Konzept eine erhöhte Zuverlässigkeit.

U. Halle-Wittenberg / DE
 

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