27.02.2013

Schwarzes Loch rotiert am Limit

Röntgenbeobachtungen am aktiven Galaxienkern von NGC 1365 zeigen rasante Eigendrehung – und erlauben Rückschlüsse auf die Entwicklung supermassereicher Schwarzer Löcher.

Die Beobachtung der genauen Linienprofile von Röntgenemissionen aktiver Galaxienkerne erlaubt Rückschlüsse auf die Rotation ihrer zentralen, supermassereichen Schwarzen Löcher. So lieferten jüngst Beobachtungen mit den Röntgensatelliten XMM-Newton und Chandra Hinweise darauf, dass das zwei Millionen Sonnenmassen große Schwarze Loch der 60 Millionen Lichtjahre entfernten Spiralgalaxie NGC 1365 nahe am theoretischen Limit rotiert.

Die Spiralgalaxie NGC 1365 im sichtbaren Licht. (Bild: ESO/IDA/Danish 1.5 m/ R....
Die Spiralgalaxie NGC 1365 im sichtbaren Licht. (Bild: ESO/IDA/Danish 1.5 m/ R. Gendler, J-E. Ovaldsen, C. Thöne, and C. Feron)

Doch die Interpretation der Linienprofile war bislang umstritten. Einerseits könnte es sich um Strahlung handeln, die vom inneren Bereich der Akkretionsscheibe stammt und deren Linienform durch relativistische Effekte beeinflusst ist. Andererseits kann die Verformung der Linienprofile ihre Ursache aber auch in Absorptionen durch mehrere Schichten sich unterschiedlich bewegenden Gases haben.

Dank der überragenden Abbildungseigenschaften des neuen amerikanischen Röntgensatelliten NuSTAR konnten Guido Risaliti vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics im amerikanischen Cambridge und seine Kollegen dieses Dilemma nun lösen. Die Detektoren des im Juni 2012 gestarteten NuSTAR liefern hoch aufgelöste Spektren im Bereich von 3 bis 80 Kiloelektronenvolt.

Sowohl die Profile der gemessenen Eisen-Linien als auch ein durch Compton-Streuung verursachter Strahlungsüberschuss im Bereich von 10 bis 30 Kiloelektronenvolt zeigen, so die Forscher, dass es sich im Strahlung aus dem relativistischen Bereich der Akkretionsscheibe handele. „Absorptions-dominierte Modelle, die keine Strahlungsreflexion an einer relativistischen Scheibe beinhalten, können sowohl aus statistischen als auch aus physikalischen Gründen ausgeschlossen werden“, schrieben Risaliti und seine Kollegen. Das Schwarze Loch im Zentrum von NGC 1365 besitzt demnach einen Drehimpuls, der mindestens 84 Prozent des theoretischen Maximums beträgt.

Nahezu jede Galaxie enthält nach heutigen Erkenntnissen in ihrem Zentrum ein Schwarzes Loch mit der millionen- oder gar milliardenfachen Masse der Sonne. Bislang wissen die Astrophysiker nicht, wie diese Objekte entstanden und zu ihrer heutigen Größe angewachsen sind.

Die Eigendrehung der Schwarzen Löcher kann dabei helfen, dieses Geheimnis zu entschlüsseln. Denn die in ein Schwarzes Loch hinein fallende Materie nimmt ihren Drehimpuls mit. Entsteht und wächst ein Schwarzes Loch relativ schnell über einige wenige Ereignisse, bei denen ihm Materie zugeführt wird, dann sollte sein Drehimpuls groß sein. Ist ihm jedoch über einen langen Zeitraum Materie in kleineren Mengen aus unterschiedlichen Richtungen zugeströmt, dann hätten sich die Drehimpulse gegenseitig nahezu neutralisiert. Die Folge: das Schwarze Loch würde heute langsam rotieren.

Zumindest für NGC 1365 liefere die Analyse also einen robusten Beweis für eine schnelle Rotation – und damit, so Risaliti und seine Kollegen, auch einen entscheidenden Hinweis auf die Entstehung und Entwicklung des Schwarzen Lochs. Beobachtungen an anderen Galaxien müssen nun zeigen, ob sich dieser Befund verallgemeinern lässt und alle supermassereichen Schwarzen Löcher hart am theoretischen Limit rotieren.

Rainer Kayser

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