28.06.2019 • Plasma

Risse im Wasser

Plasma regeneriert katalytische Oberflächen für CO2-Recycling.

Elektro­chemische Zellen helfen unter anderem dabei, CO2 zu recyceln. Die kata­ly­tischen Ober­flächen nutzen sich dabei aller­dings ab. Wie man sie mithilfe eines extre­men Plasmas im Wasser auf Knopf­druck regene­rieren könnte, unter­sucht das Team des Sonder­forschungs­bereichs 1316 „Tran­siente Atmo­sphären­druck­plasmen: vom Plasma zur Flüssig­keit zum Fest­körper“ an der Ruhr-Uni­versi­tät Bochum (RUB).

Abb.: Katharina Grosse, Achim von Keudell und Julian Held (von links) an der...
Abb.: Katharina Grosse, Achim von Keudell und Julian Held (von links) an der Versuchs­anlage. (Bild: RUB, Kramer)

Plasmen sind ionisierte Gase: Sie entstehen bei Energie­zufuhr aus einem Gas, das dann freie Ladungs­träger enthält. In der Natur kommen Plasmen zum Beispiel im Inneren von Sternen oder auf der Erde als Polar­lichter vor. In der Technik werden Plasmen eingesetzt, um etwa in Leucht­stoff­röhren Licht zu erzeugen, oder um neue Mate­rialien für die Mikro­elektronik her­zu­stellen. „Normaler­weise erzeugt man Plasmen in der Gasphase, zum Beispiel an der Luft oder in Edel­gasen“, erklärt Katharina Grosse vom Lehrstuhl Expe­ri­mental­physik II der RUB.

In der jetzigen Studie haben die Forscher Plasmen direkt in einer Flüssig­keit erzeugt. Dazu legten sie an eine haarfeine, untergetauchte Elektrode für mehrere Milliardstelsekunden eine hohe Spannung an. Durch die Zündung des Plasmas entsteht an der Spitze der Elektrode eine hohe negative Druck­differenz, die dazu führt, dass sich in der Flüssig­keit Risse bilden. In diesen Rissen breitet sich dann das Plasma aus. „Das Plasma lässt sich gut mit einem Blitz vergleichen, nur hier unter Wasser“, so Katharina Grosse.

Mittels schneller optischer Spektro­skopie in Kombi­nation mit einer Model­lierung der Flüssigkeits­dynamik konnte das Forschungs­team die Varia­tion von Leistung, Druck und Tem­pe­ratur in diesen Plasmen aufklären. „Dabei haben wir gesehen, dass in diesen Plasmen für kurze Zeit eine Leis­tung von bis zu 100 Kilo­watt ver­braucht wird, was der Anschluss­leistung von mehreren Ein­familien­häusern ent­spricht“, so Prof. Dr. Achim von Keudell, Inhaber des Lehr­stuhls für Experimental­physik II. Darüber hinaus ent­stehen dabei Drücke von vielen tausend Bar, was dem Druck am tiefsten Punkt im Pazifik ent­spricht oder diesen sogar über­steigt. Schließ­lich ent­stehen kurz­zeitig Tempe­raturen von vielen tausend Grad ähnlich zur Ober­flächen­tempe­ratur der Sonne und darüber hinaus.

Abb.: Blitz­schnelle Wir­kung auf klein­stem Raum: Nur wenige Sekun­den...
Abb.: Blitz­schnelle Wir­kung auf klein­stem Raum: Nur wenige Sekun­den reichen aus, um Wasser mittels Plasma in seine Bestand­teile zu zer­legen und so mög­licher­weise kata­lytische Ober­flächen auf Knopf­druck zu re­gene­rieren. (Bild: RUB, Kramer)

Diese extremen Verhält­nisse existieren nur für sehr kurze Zeit. „Bisherige Unter­suchungen haben sich vor allem auf Unter­wasser­plasmen im Mikro­sekunden­bereich kon­zentriert“, erklärt Katharina Grosse. „Bei dieser Dauer haben die Wasser­moleküle noch Gelegen­heit, den Druck des Plasmas aus­zu­gleichen.“ Bei den jetzt unter­suchten extremen Plasmen im Nano­sekunden­bereich finden schnellere Prozesse statt. Das Wasser kann den Druck nicht aus­gleichen, und die Mole­küle werden in ihre Einzel­teile zerlegt. „Beson­ders der dadurch frei gewordene Sauer­stoff ist dann wichtig für katalytische Ober­flächen in elektro­chemischen Zellen“, erklärt Katharina Grosse. „Er kann solche Oberflächen reoxidieren, sodass sie rege­neriert werden und ihre kata­lytische Akti­vität wieder voll ent­falten können. Zudem können auch gelöste Rea­genzien im Wasser aktiviert werden, was die Kata­lyse­prozesse erleichtert.“

RUB / LK

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