23.01.2020

Rekordverdächtige Verschränkung

Quanteneigenschaften über eine Distanz von zwanzig Kilometern per Glasfaser übertragen.

Das Prinzip der Verschränkung ist zentral für alle künftigen Quanten­technologien. Forschern der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) um Harald Weinfurter ist es in Zusammenarbeit mit Kollegen der Universität des Saarlands nun gelungen, eine Verschränkung zwischen den Quanten­eigenschaften eines Atoms und eines Photons über zwanzig Kilometer Glasfaser zu erzeugen. Bisherige Experimente erreichten lediglich Entfernungen von 700 Metern. „Die Entfernung stellt einen Meilenstein hinsichtlich der Verteilung von Quanten­informationen in großem Maßstab dar“, sagt Weinfurter. „Unsere Arbeit ist ein zentraler Schritt hin zu zukünftigen Quanten­netzwerken.“ 
 

Abb.: In der Ultra­hoch­vakuum-Glaszelle (Mitte) wird ein einzelnes...
Abb.: In der Ultra­hoch­vakuum-Glaszelle (Mitte) wird ein einzelnes Rubidium­atom eingefangen, das später mit einem Photon verschränkt wird. (Bild: LMU)

Quantennetzwerke bestehen grundsätzlich aus Knoten­punkten mit Quanten­speichern – zum Beispiel ein oder mehrere Atome – und photonischen Kanälen dazwischen, also einer Verbindung über Lichtteilchen. Den Physikern gelang es nun, ein Rubidium-Atom mit einem Photon zu verschränken und die Verschränkung auch noch nach einer im Labor aufgewickelten, zwanzig Kilometer langen Glasfaser­leitung zu beobachten. 

Das größte Hindernis für derart große Distanzen war dabei die Wellenlänge der im Experiment verwendeten Rubidium-Atome. Sie emittieren nach gezielter Anregung Photonen mit einer Wellenlänge von 780 Nanometern, also nahem Infrarot. „Diese Wellenlänge würde in einer Glasfaser schnell absorbiert“, erklärt Weinfurter. In den Leitungen wird das Signal nämlich je nach genutzter Wellenlänge unterschiedlich stark absorbiert. Konventionelle Kommunikationsnetze wie etwa das der Telekom verwenden daher Wellenlängen um 1550 Nanometern. Die Verluste in den Glasfaser­kabeln sind hier deutlich geringer.

Dies wollten die Forscher nutzen. Daher baute Matthias Bock von der Universität des Saarlandes einen Frequenzkonverter, der die Wellenlänge des Photons gezielt auf 1520 Nanometer umwandeln kann – ein technisch extrem aufwändiger und anspruchsvoller Vorgang. Denn bei der Umwandlung dürfen wichtige Eigenschaften wie vor allem die Polarisation des Photons nicht verändert werden, sonst ginge die Verschränkung verloren. „Dank dieses sehr effizienten Konverters konnten wir bei Telekom-Wellenlängen deutlich höhere Reichweiten erzielen und Quanten­informationen über große Entfernungen übertragen“, sagt Weinfurter.

In einem nächsten Schritt wollen die Forscher nun auch für ein zweites Atom die Wellenlänge konvertieren, um die zwei Atome auch über lange Glasfaser­spulen miteinander verschränken zu können. Die Eigenschaften von Glasfasern ändern sich abhängig von Temperatur und Spannung auf der Faser. Daher wollen die Forscher die Verschränkung über zwanzig Kilometer zuerst unter kontrollierten Laborbedingungen erzeugen. Danach sind Experimente im Freiland geplant, um so das Netzwerk mit neuen Knotenpunkten weiter zu bauen. Ein langer Weg also, auf dem die Quanten­forscher Schritt für Schritt vorankommen. 

LMU / DE
 

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